Kein Kita-Platz für Kleinkinder

SOZIALPOLITIK Während beim Ausbau der Kindergärten alles nach Plan läuft, fehlen Plätze in den Krippen und Horten. Der Anmeldestand sagt: Es gibt 1.500 Kinder zu viel

„Wir sind so weit wie in keinem Jahr zuvor.“

Sozial-Staatsrat Horst Frehe

VON JEAN-PHILIPP BAECK

Bei Bremer Familien mit Kleinkindern flatterte in den letzten Tagen ein Brief ins Haus: Die Sozialsenatorin will unverbindlich wissen, ob die Eltern vorhaben, ihr Kind in einer Krippe anzumelden. Das soll eine Vollbefragung sein, um den tatsächlichen Bedarf zu ermitteln. Denn ab August 2013 gibt es einen Rechtsanspruch auf U3-Betreuung. Am Donnerstag nun war die Kinderbetreuung für alle Altersstufen Thema in der Sozialdeputation. Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) legte einen Bericht zum Stand der Anmeldungen für 2012/2013 vor – selbst aber war sie in Hannover, um auf der Jugendminister-Konferenz mehr Geld einzufordern. Das kann Bremen gut gebrauchen: Laut Bericht fehlen derzeit 715 Hortplätze, obwohl mit dem Ausbau der offenen Ganztagsschulen weitere 1.200 Betreuungsangebote geschaffen wurden. Bei den Krippenplätzen können nach Schätzungen etwa 800 Kinder nicht versorgt werden.

Bei den über dreijährigen Kindergartenkindern allerdings geht die Rechnung auf: Für alle Kinder, deren Eltern Arbeitsnachweise vorlegen, wird eine entsprechende Betreuung von bis zu acht Stunden geboten.

„Wir sind so weit wie in keinem Jahr zuvor“, sagte Staatsrat Horst Frehe auf der Sitzung. Bereits jetzt zeichnet sich unter den 14.358 Anmeldungen ein deutlich höherer Bedarf an Ganztagsplätzen ab. Fast 1.000 Kinder mehr als geplant wurden für eine sieben- oder achtstündige Betreuung angemeldet.

Annette Yildirim, Ortsamtsleiterin von Huchting, berichtete von 50 Huchtinger Schulkindern, die eine Absage für den Hort bekommen haben. Leider, so Frehe, könne er da keine Zusage machen. Denn, politisch beschlossen ist der Ausbau der Betreuung in der Schule, nicht aber im Hort. Das klappt dort, wo neue offene Ganztagsschulen entstanden sind – in Huchting aber war das nicht der Fall.

Hingegen „alle Möglichkeiten nutzen“ werde die Behörde laut Frehe, um bei der U3-Betreuung den Rechtsanspruch im nächsten Jahr erfüllen zu können: Durch Erweiterung von „Betriebskindergärten, Spielkreisen, Mütterzentren“ – mit Neubauten nämlich wird man wohl nicht rechtzeitig fertig.

Die Ergebnisse aus der Befragung zu den Krippenplätzen indes werden frühestens Ende Juli erwartet. Bislang wurde eine Versorgung für 35 Prozent der Kinder geplant. Jeder Prozentpunkt mehr kostet Bremen bis zu 1,7 Millionen Euro zusätzlich jedes Jahr. Nach bisheriger Planung übernimmt der Bund davon ein Drittel der Kosten.

„Ein Trauerspiel“ nannte der CDU-Sozialpolitiker Class Rohmeyer den Bericht der Sozialsenatorin. Bei den fehlenden Plätzen hätte viel früher diskutiert werden müssen, was zu tun ist. „Sie kann die Schuld nicht allein auf Berlin schieben, das ist Ländersache“, so Rohmeyer. Den SPD-Vorschlag, das geplante Betreuungsgeld („Herdprämie“) für den Kita-Ausbau zu verwenden, lehnt Rohmeyer ab.

Das aber fordern die Jusos heute ab 10 Uhr mit einer Kundgebung vor dem Bahnhof, unterstützt vom SPD-Landesvorsitzenden Andreas Bovenschulte.