Aserbaidschan packt ein

Rein touristisch, keine politischen Ziele? Die Region Berg-Karabach wird zum Brennpunkt eines Konflikts auf der ITB Berlin

Am dritten Messetag der ITB Berlin war der Stand der Republik Aserbaidschan leer geräumt. Aus Protest gegen die Teilnahme des Standes „Mountainous Karabakh – Freunde von Arzach (Karabach) e.V.“ Letzterer befand sich direkt gegenüber dem Armenien-Stand und schräg gegenüber dem Stand von Aserbaidschan. Die beiden Nachbarrepubliken sind seit langem im Streit um Berg-Karabach, ein Gebiet in Aserbaidschan, das inzwischen mehrheitlich von Armeniern bewohnt wird. Berg-Karabach erklärte sich 1991 unabhängig, nennt sich Republik, ist jedoch international nicht anerkannt.

Der Konflikt drehte sich auch um das Ausstellungsschild, mit dem der umstrittene Stand für sich warb. Das Schild zeigt großgeschrieben „Mountainous Karabakh“ (also Berg-Karabach) und klein darunter steht: „Freunde von Arzach (Karabach) e.V.“

Die aserbaidschanische Botschaft monierte in einer Presserklärung, die „Freunde von Arzach“ propagierten „zu jeder Gelegenheit die Unterstützung des separatistischen und international nicht anerkannten Regimes in Berg-Karabach“. Vor allem die großformatige Werbung des Standes mit dem Namen der Region, die Aserbaidschan als Teil seines Staatsgebietes sieht, wird kritisiert. Die Aussteller des umstrittenen Standes argumentieren hingegen, sie bewerben nur die Region Berg-Karabach als touristisches Ziel und verfolgten damit keine politischen Ziele.

Sergey Shahverdyan, Direktor der Agentur für Tourismusentwicklung der Region Berg-Karabach, verteidigte den Stand: „Die ITB hat grundsätzliche Standards für alle Beteiligten. Es gibt keine Regel, dass nur der Name des Unternehmens oder des Verbandes auf dem Schild des Messestandes stehen soll. Das Reiseziel Berg-Karabach ist unser Logo. Also verlangen sie, dass wir unser Logo abhängen.“ Shahverdyan betont den unpolitischen Charakter des Standes. Berg-Karabach sei ein touristisches Ziel, das immer mehr deutsche Reisende anlocke.

Die „Freunde von Arzach (Karabach)“ waren zum ersten Mal auf der ITB Berlin. Allerdings nimmt der Verein schon seit fünf Jahren an verschiedenen Veranstaltungen der Branche teil. „Jedes Mal versucht Aserbaidschan, daraus ein Politikum zu machen“, sagte Shaverdyan.

Der Wirtschaftsattaché der Botschaft von Aserbaidschan, Elman Muradov, sagte, man habe bereits im Vorfeld der Messe auf das Problem hingewiesen und am ersten Messetag vom ITB-Management gefordert, den Namen des Standes zu ändern. Der Name „Berg-Karabach“ solle auf dem Schild nicht mehr vorkommen. Laut Muradov sei ihnen das auch zunächst zugesagt worden – allerdings nur mündlich. Am zweiten Tag habe sich aber immer noch nichts getan, und deshalb habe sich Aserbaidschan aus Protest von der Messe zurückgezogen. Zwischen großformatigen Fotografien von majestätischen Berglandschaften verkündete nun ein LCD-Monitor folgende Nachricht: „Dieser Stand wurde als ein Zeichen des Protests gegenüber dem Management von ITB geschlossen, da keinerlei Reaktionen auf die Aktivitäten des Ausstellers, der illegal unter dem Aushängeschild von ‚Mountainous Karabakh‘ operiert, erfolgten.“

Michael T. Hofer, Pressesprecher der Messe Berlin GmbH, erklärt zu dem Vorfall: „Die ITB ist eine unpolitische Veranstaltung, und politische Konflikte dürfen hier nicht ausgetragen werden. Wenn sich Aussteller nicht daran halten, werden wir entsprechende Konsequenzen ergreifen, dass diese Konflikte auf dem Messegelände unterbunden werden.“

LOUISA PROSKE