Anstoß für eine runde Sache

Auch Sportbälle werden fair gehandelt. Darüber werden unter anderem soziale Projekte finanziert. Doch der Marktanteil liegt bislang noch unter einem Prozent

Sameena Nyaz ist 18 Jahre alt, ledig, und lebt in einem pakistanischen Dorf namens Chak Gillan, in der Nähe von Sialkot, der „Welthauptstadt der Fußballproduktion“. Rund drei Viertel aller Fußbälle weltweit werden hier hergestellt. Auch Sameena lebt von dem aufwändigen und anstrengenden Nähen der runden Kugeln. Fast 700 Stiche sind notwendig, um die 32 Waben eines Balls zu vernähen – geübte Näher können täglich drei bis fünf Bälle fertig stellen. Während viele von Sameenas Kolleginnen mit Billiglöhnen abgespeist werden, hat sie das Glück, in einem Nähzentrum zu arbeiten, das „fair gehandelte“ Bälle herstellt.

Dadurch verdient Sameena nicht nur deutlich mehr als den Durchschnittslohn, sondern erhält auch Unterstützung im Krankheitsfalle. Als sie sich vor kurzem einer Schilddrüsenoperation unterziehen musste, wurden die Kosten von der Talon Fair Trade Welfare Society übernommen – einer Gesundheitsvorsorge, die durch das Zahlen der Fair-Trade-Prämie für fair gehandelte Bälle ermöglicht wird.

In Deutschland erkennt man solche Fußbälle daran, dass sie das TransFair-Siegel tragen oder vom Wuppertaler Handelshaus Gepa kommen. Allerdings erreichen „alle Fair-Trade-Importeure zusammen leider noch keinen einzigen Prozentpunkt“, sagt Martin Kunz von Fair Deal Trading. Immerhin habe man in diesem Jahr die deutsche und englische Nationalmannschaft bei der Obdachlosen-WM mit fair gehandelten Bällen ausgestattet. „Aber Vorsicht“, sagt Kunz, „nicht alle Fair-Trade-Importeure stellen sicher, dass die Prämie zu höheren Löhnen führt. Das ist kein muss bei TransFair.“

Gesichert ist durch die Bälle mit dem TransFair-Logo, dass eine Prämie von 15 Prozent auf den Importpreis bezahlt wird – damit werden Sozialprojekte vor Ort finanziert. Zudem müssen die Produzenten viele Kriterien erfüllen: zum Beispiel ihren Beschäftigten gewerkschaftliche Organisation gewähren.

Obwohl sich die großen Hersteller im so genannten Atlanta-Abkommen 1997 verpflichtet haben, die Kinderarbeit in der Fußballproduktion abzuschaffen, gelten die Arbeitsbedingungen weiterhin als prekär. Laut Kunz liegen die Löhne, die für die Fair-Deal-Trading-Bälle bezahlt werden, immer noch rund 50 Prozent über den Durchschnittslöhnen. Nur so könnten die Näherinnen auf einen Tageslohn von mindestens vier Euro kommen, der ihren Familien das Überleben unter menschenwürdigen Bedingungen ermögliche.

Ein Problem sei auch, dass die Näherinnen von den internationalen Multis verstärkt in großen Fabrikhallen konzentriert wurden, um Kinderarbeit zu verhindern. „Das home based stitching wurde mittlerweile aber wieder zugelassen, weil sonst fast alle Arbeitsplätze für Frauen vernichtet würden“, sagt Kunz. Fair Deal Trading beteiligt sich an einem Pilotprojekt, bei dem in kleinen Nähzentren in Wohnnähe gearbeitet wird und die Arbeitsbedingungen Schritt für Schritt verbessert werden. Mit der Fair-Trade-Prämie wird nicht nur eine betriebliche Gesundheitsfürsorge finanziert, sondern auch Kleinkredite werden eingeräumt, mit Hilfe derer sich die Näherinnen und ihre Familien ein Zusatzeinkommen schaffen sollen. MARKUS WILD

Faire Fußbälle gibt es unter anderem bei tramondi (www.tramondi.org), Gepa (www.gepa3.de) und Fair Deal Trading (www.fairdealtrading.de). Karstadt-Sporthäuser verkaufen fair gehandelte Derbystar-Bälle (www.karstadt.de). Ab Frühjahr 2006 gibt es von Fair Deal Trading vertriebene Fuß- und Volleybälle im tazshop (www.taz.de).