Neue Kunden, neue Optik

Renate Neumann, seit 27 Jahren Geschäftsführerin von zwei Berliner Weltläden, über das neue Imagekonzept der Weltläden: Qualität durchs Ambiente unterstreichen

„Weltladen 2006“ heißt das Imagekonzept des Dachverbandes der Weltläden und der Fair-Handelgesellschaft gepa. Modernes Ladendesign soll neue Kunden ansprechen.

taz: Den Weltläden haftet ein etwas angestaubtes Image an. Was wird mit dem neuen Konzept „Weltladen 2006“ anders?

Renate Neumann: Unsere Zielgruppe hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Kunden, die früher aus einem politischen Bewusstsein heraus in Weltläden eingekauft haben, gibt es kaum noch. Heute kommen Leute oft ganz zufällig vorbei und glauben, sie seien in irgendeiner Boutique gelandet. Denen müssen wir erst erklären, was Weltläden sind und wofür sie stehen.

Welche Ansprüche haben diese neuen Kunden?

Die sind zum Teil sehr trendorientiert, erwarten eine hohe Produktqualität und ein ansprechendes Einkaufsambiente.

Manchen Weltläden sieht man die Patina noch an.

Mag sein. Das Konzept ist aber schon an vielen Stellen umgesetzt worden. Nur sind nicht in jedem Fall einschneidende Korrekturen möglich. Unser Geschäft im Glockenturm der Berliner Gedächtniskirche etwa ist wegen der Größe und der Raumaufteilung kaum veränderbar. Hier setzen wir auf unseren exponierten Standort und auf eine verbesserte Qualität der angebotenen Waren.

Die Produkte früherer Jahre hatten eine mindere Qualität?

Dafür gibt es Beispiele, ja. Da kauften die Leute Kaffee aus Nicaragua, obwohl er extrem bitter schmeckte, oder einen Alpaka-Pullover aus Peru, selbst wenn er auf der Haut kratzte. So etwas will heute kein Mensch mehr. Unsere Kunden unterscheiden sich nicht mehr von Kunden anderer Geschäfte.

Auch die Produzenten mussten sich vermutlich umstellen.

Natürlich, und das finde ich auch gut so. Wir wollen den Fairen Handel aus einer Nische holen, in der er zum Teil noch steckt. Wenn uns ein Produzent heute mit schlechter Ware beliefert, schicken wir die zurück. Und wenn es sein muss, verhängen wir auch Sanktionen.

Hat sich mit der Zielgruppe auch die Produktpalette geändert?

Zum Teil. Im Bereich des Kunstgewerbes gibt es einen deutlichen Trend zu ästhetischen Produkten mit Gebrauchswert. Für „Stehrumchen“ haben die Menschen kein Geld mehr.

INTERVIEW: PETER HERMANNS