Alles andere als harmlos

INFEKTION Für Babys im Mutterbauch sind Röteln äußerst gefährlich. Wer vor der Schwangerschaft weder Röteln hatte noch geimpft wurde, sollte bei Verdacht zum Arzt

Seit Einführung der Rötelnimpfung 1974 bekommen Ärzte die Röteln kaum noch zu Gesicht

VON ANGELIKA FRIEDL

Frauen, die sich ein Kind wünschen und nicht gegen Röteln immun sind, sollten sich vor der Schwangerschaft impfen lassen. Zwar ist das Virus für die Schwangeren in der Regel nicht gefährlich, für die Babys im Bauch der Mütter ist Rubella, wie das Virus auch genannt wird, allerdings alles andere als harmlos. „Von zehn Kindern, die in den ersten Wochen der Schwangerschaft infiziert werden, überlebt nur eines die Infektion ohne schwere Schäden“, sagt Professor Klaus Friese, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe und Direktor der Frauenkliniken an der Münchener Ludwig-Maximilian-Universität.

Die anderen Infizierten können blind oder taub geboren werden oder mit Fehlbildungen der Wirbelsäule, des Herzens und der Zähne. Auch Entzündungen des Gehirns und der Gehirnhäute sowie psychomotorische Störungen gehören zu den gefürchteten Folgen. Weniger schwer sind die Schäden, wenn die Krankheit in den späteren Schwangerschaftsmonaten ausbricht.

Typische Symptome der Röteln sind helle rote Flecken im Gesicht, die sich über den Körper ausbreiten, und Fieber, das aber selten über 38 Grad Celsius steigt. Manche Erkrankte bemerken gar nicht, dass sie sich angesteckt haben, weil keine oder nur sehr schwache Symptome auftreten.

Allerdings bekommen Ärzte die Röteln seit Einführung der Rötelnimpfung 1974 kaum noch zu Gesicht. Schwangere Frauen erkranken seither ebenfalls nur selten. In den vergangenen acht Jahren wurden dem Robert-Koch-Institut (RKI), dem Bundesinstitut für Infektionskrankheiten, zehn geschädigte Kinder gemeldet, deren Mütter in der Schwangerschaft Röteln hatten. Die Dunkelziffer liegt jedoch vermutlich höher, weil nur erkennbar geschädigte Kinder gemeldet werden. Nicht bekannt ist auch, wie viele Frauen ihre Schwangerschaft wegen Röteln abgebrochen haben.

„Impfungen bieten einen sehr zuverlässigen Schutz gegen eine Infektion“, meint Klaus Friese. Für Schwangere ohne Impfschutz seien indes „alle Rötelninfizierte ein hohes Risiko“. Wie verheerend sich eine Rötelnepidemie unter nicht geschützten Menschen auswirken kann, zeigte sich 2005 in den Niederlanden. Fast 400 Menschen erkrankten, die allermeisten waren nicht geimpft. Es waren fast ausschließlich Angehörige einer protestantischen Kirche, die aus religiösen Gründen Impfungen ablehnten. Auch 33 nicht geimpfte Schwangere wurden angesteckt. Von den 30 lebend geborenen Kindern kamen elf mit den typischen Symptomen einer Röteln-Embryopathie zur Welt, wie die Krankheit genannt wird, wenn ein Kind im Mutterleib durch Röteln geschädigt wird.

Was aber können Frauen tun, wenn die Untersuchungen in der Schwangerenvorsorge nachweisen, dass sie nicht gegen Röteln immun sind? Es gibt immerhin etwa drei bis fünf Millionen Menschen in Deutschland, die keinen ausreichenden Schutz besitzen, weil sie nicht geimpft sind oder in ihrer Kindheit keine Röteln hatten. Schwangere sollten daher jeden Kontakt mit Menschen vermeiden, die an Röteln erkrankt sind oder es auch nur sein könnten. Kommt es trotzdem zu einer Begegnung, raten Frauenärzte zur Gabe von Immunglobulinen, also Antikörpern. „Sie können in den ersten zwei Tagen nach einem Kontakt häufig – aber auch nicht immer – den Ausbruch verhindern“, erklärt der Gynäkologe Friese.

Generell gilt, dass alle Infektionskrankheiten für Schwangere gefährlich werden können. So gibt es Hinweise, dass bei Müttern, die in den ersten Schwangerschaftsmonaten über längere Zeit hohes Fieber hatten, die Fehlbildungsrate leicht erhöht ist. Impfungen sind zumeist keine Alternative. Denn um eine wirkungsvolle Immunität aufzubauen, braucht es in der Regel mehrere Impfungen in größeren Abständen. Deshalb sollten alle Immunisierungen vor der Schwangerschaft abgeschlossen sein. Eine Ausnahme gibt es nur bei der Grippe, denn gegen Grippeviren besteht in der gesamten Bevölkerung eine Grundimmunität, die eine neue Impfung immer nur auffrischt. Die ständige Impfkommission des RKI empfiehlt daher allen Schwangeren die Grippeimpfung.

Bei allen anderen Infektionskrankheiten kann man nur versuchen, sich möglichst vor Ansteckung zu schützen. Körperliche Fitness ist hier zum Beispiel ein wirkungsvolles Gegenmittel. Sportliche Schwangere stärken ihre Abwehrkräfte und versorgen den Körper mit viel Sauerstoff. Außerdem haben sie oft leichtere Geburten und erholen sich schneller im Wochenbett.