SO WAR ANNAPOLIS

Die gemeinsame Erklärung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert ist das greifbare Ergebnis der Nahostfriedenskonferenz, die am Dienstag im US-Stützpunkt Annapolis tagte. Trotz monatelanger Verhandlungen war sie erst in letzter Minute zustande gekommen.

Wegen eines kontroversen Absatzes sollen die Diplomaten in der Nacht vor der Konferenz kaum ins Bett gekommen sein. Als es beim Eintreffen des US-Präsidenten kurz vor dem Beginn des Meetings noch immer keinen Text gab, nahm Bush nacheinander Olmert und Abbas zur Seite, so berichtete sein Nationaler Sicherheitsberater, Stephen Hadley. Der Präsident sei nicht bereit gewesen, sich ohne gemeinsame Erklärung auf die Bühne zu begeben. Nach 25 Minuten beschlossen die Kontrahenten gemeinsam mit US-Außenministerin Condoleezza Rice, einen umstrittenen Absatz zu streichen und die Wortwahl verschiedener Stellen abzuändern. Fünf Minuten, bevor Bush zum Podium ging, lag das Dokument schließlich vor. Keine der Seiten wollte anschließend erklären, um was es in dem gestrichenen Absatz ging.

Wie frisch die gemeinsame Erklärung zu dem Zeitpunkt war, als Präsident Bush mit seiner Rede die Konferenz in der Marine-Akademie eröffnete, ließ sich erraten, weil Bush in untypischer Weise seine Brille aufsetzten musste, um den gerade eben abgeänderten Text vorlesen zu können.

Diese Episode gibt einen Vorgeschmack auf das zähe Ringen, in das der in Annapolis zur Schau gestellte Handschlag bei den Friedensverhandlungen zwischen Palästina und Israel umschlagen könnte. Die seit Jahren ungelösten Kernprobleme klammert die gemeinsame Erklärung gänzlich aus. Der Text erwähnt weder die Zukunft der jüdischen Siedlungen im Westjordanland noch die endgültigen Grenzen eines Staates Palästina noch den Status Jerusalems und behandelt auch nicht die umstrittene Rückkehr der 1948 bei der Gründung Israels vertriebenen palästinensischen Flüchtlinge. AWO