Mindestlohn als Problem

Manchmal ist ein Mindestlohn keine Hilfe, sondern ein Grund zur Betriebsschließung

BERLIN taz ■ Es klang nach einer sehr guten Nachricht für zehntausende Menschen, die wenig Geld verdienen: Im Dezember letzten Jahres einigten sich die Gewerkschaft Ver.di und die im Arbeitgeberverband Postdienste organisierten Post-Unternehmer auf einen Mindestlohn von 8,00 Euro bis 9,80 Euro in der Stunde.

Gemeinsam beantragten sie die Aufnahme ihrer Branche ins Entsendegesetz, daraufhin erließ das Arbeitsministerium noch in den letzten Tagen des alten Jahres eine Rechtsverordnung, die jeden Post-Arbeitgeber zwingt, seinen Beschäftigten den Mindestlohn zu zahlen. Wer Briefe austrägt, sollte fortan vom Lohn seiner Arbeit ordentlich leben können. Eine Idee, der man sich kaum verschließen kann.

Doch was mehreren zehntausend Briefträgern einen gerechten Lohn versprach, war auch ein raffinierter Schachzug des ehemaligen Monopolisten Deutsche Post AG – um sich lästige Konkurrenz vom Halse zu halten. Das Briefmonopol endete de jure am 31. 12. 2007 – der Mindestlohn verlängerte es de facto bis auf weiteres. 8,00 bis 9,80 Euro war ziemlich genau das, was die alte Staatspost ihren Briefträgern ohnehin zahlte. Die neu entstehenden Konkurrenten aber entlohnten ihre Beschäftigten schlechter. Sie begründeten das damit, dass sie wirtschaftlich nicht zu mehr in der Lage seien. Unmittelbar nachdem absehbar wurde, dass ein Post-Mindestlohn per Gesetz kommen würde, kündigten sie wie die Pin Group Massenentlassungen an oder begruben wie die TNT Post ihre Pläne, in den Briefmarkt einzusteigen.

Tatsächlich gingen dann weniger Jobs verloren als angekündigt. Aber einige Tausend waren es dennoch – die wegen des Mindestlohns ihre Arbeit verloren. Gleichzeitig versilberten mehrere Top-Manager der Post Aktienoptionen in Millionenhöhe. Ihr Kurs war durch das Aus der Konkurrenz um fast 5 Prozent gestiegen. CSI