Unbelehrbarer Endlagerpapst

HANNOVER taz ■ Mehr als drei Jahrzehnte lang hat Professor Klaus Kühn „die Wege der Endlagerforschung in Deutschland maßgeblich geprägt“, kann man noch heute beim Helmholtz-Zentrum München lesen. Bei der Forschungseinrichtung, die die Verantwortung für das Atommülllager Asse demnächst abgeben soll, war der heute 70-Jährige ein Mann der ersten Stunde. Schon 1965 kam er zur Vorgängerorganisation „Gesellschaft für Strahlenforschung“ (GsF) und arbeitete dort im Institut für Tiefenlagerung, das er bis 1995 leitete. Das inzwischen absaufende Atommülllager Asse lag in Kühns Verantwortung.

Für seine Leistungen als Endlagerforscher erhielt Kühn schon 1990 das Bundesverdienstkreuz. Die Kerntechnische Gesellschaft, deren Endlager-AG er lange leitete, machte ihn zum Ehrenmitglied. Bundesumweltminister Jürgen Trittin berief ihn in den Arbeitskreis „Auswahlverfahren Endlagerstandorte“, wo Kühn keine Gelegenheit ausließ, die schnelle Wiederaufnahme der Erkundung des Gorlebener Salzstocks zu fordern.

Als Verantwortlicher für die Einlagerung von 126.000 Fässern mit Atommüll in der Asse hat Kühn nun beste Chancen, der teuerste bundesdeutsche Wissenschaftler zu werden. Die atomare Altlast könnte schließlich Kosten in Milliardenhöhe verursachen.

Kühn hat nach außen hin die Gefahr eines Wassereinbruchs in der Asse stets bestritten. „Die Gefährdung für die Schachtanlage Asse II durch Wasser- oder Laugeneinbrüche“ sei „als minimal anzusehen bzw. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen“, erklärte er, nachdem er die Asse in den 60er-Jahren mit zahlreichen bereits abgesoffenen norddeutschen Salzbergwerken verglichen hatte. Heute ist bekannt, dass es in der Asse schon während des Salzabbaus Laugeneinbrüche gab.

Ehemalige GsF-Kollegen, wie der Physiker Udo Jentzsch, haben Kühn als „durchsetzungstark und sehr karrierebewusst“ in Erinnerung. Heute will der Endlagerpapst nicht mehr über seine Verantwortung für die Asse sprechen. „Ich bin seit fünf Jahren raus aus dem Geschäft“, begründet er seine öffentliche Zurückhaltung. JÜRGEN VOGES