Patentstreit um Münchner Weißwurst: Eine Brühwurst und ihr Äquator

In Bayern wird gestritten, wann eine Münchener Weißwurst eine echte Münchener Weißwurst ist. Für die einen ein Patentstreit, für andere ein ausgewachsener Territorialkonflikt.

Aus Frankreich abgekupfert? Ein Serviervorschlag fürs zünftige Münchner Frühstück. Bild: dpa

Es geht um die Brühwurst, um eine Münchner Spezialität. Es geht um die Weißwurst. Das deutsche Patentgericht hat am Montag darüber beraten, ob sie schützenswert ist. Nicht jede Weißwurst soll sich Münchner Weißwurst nennen dürfen, dafür setzt sich die "Schutzgemeinschaft Münchner Weißwurst" ein. Darin haben sich Metzgereien mit Großgaststätten zusammengeschlossen und erwirkt, dass nur die nach einem amtlichen Rezept in München selbst hergestellten Brühwürste als "Münchner Weißwurst" verkauft werden dürfen. Doch der Schutz greift noch nicht. Weil es Metzgern aus dem näheren und weiteren Umkreis der Landeshauptstadt überhaupt nicht schmeckt, dass sie keine Münchner Spezialität als Münchner Spezialität vertreiben dürfen, haben sie Einspruch gegen den Schutzbescheid vom Februar 2005 eingelegt. Um den ging es bei der Beratung des Patentgerichts.

Im vergangenen Jahr hat München Weißwurstgeburtstag gefeiert. 150 Jahre war es da her, dass sie vom Wirt des "Ewigen Lichts" am Marienplatz erfunden wurde. Der Moser Sepp wollte eigentlich Kalbsbratwürste herstellen. Dazu braucht es einen dicken Darm. Doch der geeignete Schafsdarm war ihm ausgegangen. Er hatte noch Schweinsdarm,und so füllte er die Kalbfleischmasse in die dünnen Därme. Fürs Braten waren die Därme zu rissig. Er brühte die Würste. Die Weißwurst war erfunden. An einem Rosenmontag soll das gewesen sein. Doch das ist nicht das einzige Indiz dafür, dass die Geschichte der Münchner Weißwurst so vielleicht gar nicht stimmt.

Wer in der Zeit um den Jahreswechsel einmal in Frankreich war, dem wird ein der Weißwurst recht ähnliches Gebilde aufgefallen sein. Boudin Blanc heißt die Weißwurst in Frankreich, und es gibt wohl niemanden dort, der sie nicht als typisch französisch bezeichnen würde. Die Boudin Blanc gibt es seit gut 200 Jahrern.

Hat der Moser Sepp abgekupfert? Er hat die Wurst jedenfalls so hergestellt, wie es das amtliche Rezept vorsieht: aus Kalbfleisch, Schweinerückenspeck und gekochter Schweineschwarte, gewürzt je nach Belieben mit Petersilie und Zitronenschale. Nur wer das und nicht viel anderes in den Darm stopft, der später ausgezuzelt oder mit dem Messer vom Fleisch getrennt wird, stellt eine Münchner Weißwurst her. Und in München muss er das machen. So will es die Schutzgemeinschaft. "Die Grenze des Weißwurstäquators soll endlich mal festgelegt werden", sagt Wolfgang Sperber, Wirt des Münchner Hofbräuhauses und Weißwurstschützer. Wann die Entscheidung des Patentgerichts verkündet wird, steht noch nicht fest.

ANDREAS RÜTTENAUER

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