Zwei Jahre Elterngeld: Väter nur zögerlich dabei

Ministerin Ursula von der Leyen feiert das Elterngeld als Erfolg. Immer mehr Väter nehmen Elternzeit, die Geburtenrate steigt. Die Ausweitung der Vätermonate aber wird verschoben.

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen stellt ihre Elterngeld-Bilanz vor. Bild: dpa

BERLIN taz Das Elterngeld ist das Aushängeschild von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU). Manche würden es sogar als ihr "Baby" bezeichnen - das achte neben ihren sieben leiblichen Kindern. Kein Wunder also, dass ihre Bilanz zwei Jahre nach der Einführung des Elterngelds blumig ausfiel.

Das Fazit der Ministerin: Nachbesserungsbedarf gebe es erst einmal keinen. "Über 90 Prozent der Eltern sagen, dass das Elterngeld für sie hilfreich gewesen ist", sagte Ursula von der Leyen am Mittwoch in Berlin. Fast alle Eltern nehmen das Elterngeld in Anspruch. 16 Prozent der Männer kümmern sich in den sogenannten Vätermonaten um ihr Kind. Die Geburtenzahlen sind seit zehn Jahren zum ersten Mal gestiegen.

Das Elterngeld wurde im Januar 2007 eingeführt und löste das Erziehungsgeld ab. 12 Monate lang werden 67 Prozent des Einkommens ausgezahlt, mindestens aber 300 Euro und höchstens 1.800 Euro im Monat. Sollte der zweite Partner auch seine Kinder betreuen wollen - meist der Vater -, können 2 Monate angehängt werden.

Vor allem was die stärkere Väterbeteiligung an der Elternzeit betrifft, ist die Entwicklung tatsächlich positiv. Vor Einführung des Elterngeldes haben gerade einmal 3,5 Prozent der Männer Erziehungszeit genommen, während es heute 16 Prozent sind. Als "kleine Revolution" und ein "Aufwachen aus dem Dornröschenschlaf" bezeichnete dies Ministerin von der Leyen. Allerdings bleiben die Männer, für die laut der neuesten Bertelsmann-Studie vor allem finanzielle Sicherheit ausschlaggebend für einen Kinderwunsch ist, zögerlich: Nur 9 Prozent der Väter, die vorher erwerbstätig waren, nehmen laut Statistischem Bundesamt 12 Monate Elternzeit - die meisten bleiben bei 2 Monaten.

Als "Verlierer" des Elterngeldes gelten indes vor allem geringverdienende Eltern. Derzeit erhalten rund die Hälfte der Elterngeldbezieher den Mindestbetrag von 300 Euro, weil sie kein oder nur ein geringes Einkommen haben - plus eventuelle Zuschläge für Geschwister, Mehrlingsgeburten oder Geringverdiener. Für 31 Prozent der Bezieher fallen diese Zuschläge weg. Sie erhalten im Vergleich zum früheren Erziehungsgeld, das zwei Jahre lang ausgezahlt wurde, nun bis zu 3.600 Euro weniger. "Für viele Familien ist das eine Schlechterstellung", sagt Barbara König, Geschäftsführerin vom Zukunftsforum Familie, das zum Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt gehört. Zur Armutsbegrenzung sei das Elterngeld kein geeignetes Mittel. Auch der Paritätische Gesamtverband kritisierte die Benachteiligung von ärmeren Familien. "Wenn jemand Geschwisterbonus bekommt, wird das auf Hartz IV angerechnet", sagte Marion von zur Gathen vom Paritätischen Gesamtverband. Sie forderte deswegen, Zuschläge zum Mindestbeitrag nicht an anderer Stelle abzuziehen. Außerdem solle man darüber nachdenken, den Mindestbetrag von 300 Euro um etwa 30 Euro anzuheben, um Eltern effektiv zu unterstützen.

Auch Väter und Mütter, die beschließen, gemeinsam ihre Stelle um die Hälfte zu reduzieren, um sich gemeinsam um ihr Kind zu kümmern, sind derzeit benachteiligt. Für jeden Monat, in dem sie gemeinsam in Teilzeit arbeiten, verbrauchen sie gleich zwei Monate Elterngeldanspruch. Dadurch können sie insgesamt nur 7 Monate Elterngeld erhalten - würden sie aber nacheinander in Teilzeit gehen, blieben ihnen bis 14 Monate. "Hier sehen wir deutlichen Handlungsbedarf", sagte Marion von zur Gathen.

Neben Geringverdienern und Eltern, die beide in Teilzeit gehen möchten, sind auch Selbständige oft mit den Elterngeldanträgen überfordert. Das Elterngeld ist für sie schwer zu berechnen, und wer für einen früheren Auftrag nachträglich bezahlt wird, dem wird das vom Elterngeld abgezogen. So sind denn auch nur 5 Prozent der Elterngeldbezieher selbständig.

All diese Praxisprobleme sind aber im aktuellen Gesetzesentwurf der Regierung nicht enthalten, der im November in die letzte Lesung im Bundestag geht. Künftig sollen Großeltern Elternzeit, aber nicht -geld nehmen können, wenn sie ihre Enkel betreuen, deren Eltern noch in Ausbildung sind. Auch können Eltern ihren Antrag einmalig ohne Angabe von Gründen ändern. Die Kritik der Wohlfahrtsverbände muss auf die nächste Legislaturperiode warten. "Das hatten wir befürchtet: Ein Gesetzesentwurf wird noch vor dem Bilanzbericht gemacht, aber substanzielle Änderungen werden verschoben", bedauerte Marion von zur Gathen vom Paritätischen Gesamtverband.

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