Recht und Unrecht in der Bahnaffäre: Spitzelei ist rechtswidrig

Flächendeckende Kontrollen des Mailverkehrs auf Verletzung von Geschäftsgeheimnissen sind unzulässig.

Rote Karte für die Bahn: Die Kontrollen des Mailverkehrs sind unzulässig. Bild: ap

FREIBURG taz Die Bahn hat wohl rechtswidrig gehandelt, als sie jahrelang den Mailverkehr ihrer Mitarbeiter überwachte. Auch die Löschung eines Streikaufrufs der Gewerkschaft GDL könnte unzulässig gewesen sein. Ab Frühjahr 2005 überprüfte die Bahn flächendeckend, ob Mitarbeiter Mails an unerwünschte Kontakte in Politik, Wissenschaft und Medien schickten, berichtet der Spiegel.

Rechtswidrig war die Überwachung des Mailverkehrs schon deshalb, weil der Betriebsrat diesem bislang geheimen Programm wohl nicht zugestimmt hat. Denn der Betriebsrat hat mitzubestimmen, wenn technische Einrichtungen eingeführt werden, um das Verhalten oder die Leistung von Beschäftigten zu überwachen. Das regelt Paragraf 87 des Betriebsverfassungsgesetzes.

Eine flächendeckende Mail-Kontrolle wäre aber auch unzulässig gewesen, wenn der Betriebsrat zugestimmt hätte. Hier ist das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) anzuwenden, da ein Arbeitnehmerdatenschutzgesetz erst in Planung ist. In Paragraf 28 des BDSG heißt es recht vage, dass der Arbeitgeber Daten der Beschäftigen nur verarbeiten darf, wenn er ein berechtigtes Interesse hat und seine Interessen die der Beschäftigten überwiegen. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Videoüberwachung am Arbeitsplatz bedeutet das: Eine heimliche Überwachung der Beschäftigten ist nur zulässig, wenn ein konkreter Verdacht auf Straftaten vorliegt und die Überwachung sich auf die Verdächtigen konzentriert. Bei der Bahn kann zwar die Verletzung von Geschäftsgeheimnissen durch Weitergabe an Dritte strafbar sein, der Verdacht richtet sich aber sicher nicht gegen alle überwachten Mitarbeiter. Diese unbefugte Datenerhebung ist zumindest eine Ordnungswidrigkeit, die nach BDSG mit bis zu 250.000 Euro geahndet werden kann. Eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses liegt aber nicht vor, weil diese Straftat nur Mitarbeiter von Telekommunikationsunternehmen und Überwachungsbehörden begehen können.

Zusätzlich wird der Bahn vorgeworfen, sie solle einen Streikaufruf der GDL gelöscht haben. Die Bahn behauptet, sie habe den Aufruf, den sie für rechtswidrig hielt, zufällig nach einem Serverabsturz entdeckt. Grundsätzlich darf eine Gewerkschaft Informationen an die dienstlichen Mailadressen ihrer Mitglieder schicken. Dies hat das Bundesarbeitsgericht im Januar dieses Jahres entschieden. Das gilt auch für Streikaufrufe. Den rechtlich umstrittenen Streikaufruf der GDL hätte die Bahn wohl nur zu einem Zeitpunkt löschen dürfen, als die Streiks tatsächlich gerichtlich verboten waren.

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