Tote in USA, erste Fälle in Deutschland

BERLIN/HAMBURG taz | Auch in Deutschland sind die ersten Fälle von Schweinegrippe aufgetreten. Die drei Erkrankten sind nicht in Lebensgefahr. „Es geht ihnen den Umständen entsprechend gut“, sagte Jörg Hacker vom Robert-Koch-Institut am Mittwoch in Berlin. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) bestätigte bei weiteren Patienten die Möglichkeit einer Erkrankung, während vier Verdachtsfälle entkräftet werden konnten. Die drei Erkrankten – eine 22-Jährige in Hamburg, ein Mann Ende 30 in Regensburg und eine 37-Jährige aus Kulmbach – hatten sich bei einem Aufenthalt in Mexiko infiziert.

„Niemand von uns weiß, wie die Dynamik weitergeht“, sagte die Ministerin. Von nicht notwendigen Reisen nach Mexiko riet die Ministerin ab. Frankreich forderte gestern ein Verbot aller Flüge nach Mexiko. Heute sollen auf einem EU-Gesundheitsminister-Treffen einheitliche Reiseempfehlungen beraten und Leitlinien für die Behandlung zusammengetragen werden.

Grippemedikamente wie Tamiflu wirkten, sagte die deutsche Ministern. „Das bedeutet nicht, dass man die Grippe auf die leichte Schulter nehmen sollte.“ Experten hatten vor Panikmache gewarnt angesichts der niedrigen Sterberate. Schmidt empfahl Reiserückkehrern, bei Erkrankungsanzeichen sofort zum Arzt zu gehen. Ärzte will Schmidt mit einer neuen Verordnung verpflichten, Verdachtsfälle sofort zu melden. Derzeit besteht eine Meldepflicht nur für Labore bei bestätigten Fällen.

Die 22-jährige Patientin suchte nach ihrer Rückkehr aus Mexiko selbst das Hamburger Uniklinikum Eppendorf auf. „Die Patientin ist stabil, es werden wohl keine lebensbedrohlichen Komplikationen auftreten“, sagte Gerd Burchard, Leiter der Abteilung Infektiologie am Mittwoch. Derzeit sei die junge Frau noch in einem isolierten Zimmer untergebracht und werde mit Tamiflu behandelt. Ihr Lebensgefährte wird ebenfalls untersucht.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) versicherte, „dass die Regierung das Mögliche und Notwendige tut“. Bei einer Pandemie werde die gesamte Bevölkerung zweimal geimpft, kündigte Schmidt an. Einen Impfstoff, der spezifisch bei der Schweinegrippe wirkt, soll es in etwa drei Monaten geben.

Im US-Bundesstaat Texas starb gestern ein 23 Monate altes Kind an dem Virus – das erste Todesopfer außerhalb Mexikos. US-Präsident Barack Obama nannte den Grippeausbruch eine „ernste Situation“ und empfahl, Schulen bei Verdachtsfällen zu schließen. In den USA sind mehr als 60 Erkrankungen gemeldet. Kalifornien rief den Notstand aus.

Österreich bestätigte gestern den ersten Erkrankungsfall. Die Zahl der Erkrankten stieg in Großbritannien, Israel und Kanada.

Das Bundesgesundheitsministerium hat eine Hotline geschaltet: 01805 99 66 19.

UTA GENSICHEN, RANIAH SALLOUM