Barbara Hendricks (SPD)

Umwelt: Wer mit Leuten aus dem Umkreis dieser neuen Ministerin redet, wird immer wieder auf ihre Doktorarbeit gestoßen: „Die Entwicklung der Margarine-Industrie am unteren Niederrhein.“

Das ist nicht despektierlich gemeint, im Gegenteil: Die Historikerin gilt als „klug“, „solide“, „seriös“. Aber die Frau aus dem nordrhein-westfälischen Kleve kann auch schroff sein. Einen FDP-Politiker beschimpfte sie im Parlament als „Eierkrauler“. Christian Wulff nannte sie in einer Talkshow „selbstgerecht, dick, fett und bräsig“.

Das Spektakuläre, Glamouröse hat sie nie gesucht – die Macht schon. In den letzten Jahren kam in der SPD-Zentrale niemand an ihr vorbei. Mitgliedervotum? Wahlkampf? 150. Geburtstag? All das kostet. Hendricks war die Schatzmeisterin – und das ist in der SPD mit mehr Macht verbunden als anderswo.

In ihre Partei trat die die 61-Jährige 1972 ein, wegen Brandts Ostpolitik. Nun wird sie zu kämpfen haben. Erstens gegen den Verdacht, als Quotenfrau ins Kabinett gehievt worden zu sein. Und zweitens gegen den Machtverlust ihres Ressorts. Parteichef Sigmar Gabriel hat die Energiewende aus dem Umweltministerium herausgerissen und zu sich, zur Wirtschaft geholt. Und das Kapitel Umwelt ist im schwarz-roten Koalitionsvertrag, nun ja, dünn.

Hendricks Chance liegt in einer Neuerung: Sie bekommt die Abteilung Stadtentwicklung und Wohnen vom Bau- und Verkehrsministerium. Dort fallen fast ein Drittel aller Kohlendioxid-Emissionen an. Macht sie sich zu eigen, dass alte Heizkessel ausgetauscht und Fenster gedämmt werden müssen, bewegt sie einen echten Brocken.

Bisher galt Hendricks nicht als Frau mit großer Fantasie, eher als gute Verwalterin. Die Agenda 2010, fand sie gut. Eichels Sparhaushalt auch. Sie kennt das politische Spiel. Mal Härte zeigen, mal Seele streicheln. Ein Exmitarbeiter sagt: „Sie kann schnell rausfiltern, welches Anliegen berechtigt ist und welches nicht.“ Und sie höre auf ihre Experten.

Jahrelang hat sie so die Berliner Steuerpolitik verteidigt: Die Absenkung des Spitzensteuersatzes genauso wie die Ökosteuer. Lafontaine holte sie 1998 als parlamentarische Staatssekretärin ins Finanzministerium. Sie blieb, als Eichel kam. Sie blieb, als Steinbrück kam. Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft verlieh ihr 2008 den Adam-Smith-Preis für marktwirtschaftliche Umweltpolitik.

Damian Ludewig ist der Geschäftsführer des Forums. Er sagt: „Den Finanzblick zu haben, kann nicht schaden.“ Er hält viel von Umweltpolitik durch Preissignale, durch Ökosteuern, Ressourcensteuern und so was. Da könne es helfen, wenn eine kommt, „die nicht gleich als Öko abgestempelt wird“. Das galt allerdings auch schon für die Umweltchefs und -chefinnen vor Barbara Hendricks. HG