Die Grillteller der Musik

Nicht kleckern, sondern kleckerweise klotzen. So viel in die Sache packen, wie nur irgendwie geht. Die Fête de la Musique ist auf jeden Fall ein Erfolgsmodell, da muss man sich nur die Zahlen anschauen. Was in Berlin 1995 mit zwei Bühnen und acht Bands begann, wurde stetig aufgestockt, und bei der diesjährigen Ausgabe hat man noch einmal aufgerüstet, dass an diesem Sonntag zum Sommeranfang in tout Berlin auf insgesamt 82 Bühnen über 600 Bands und DJs vom Nachmittag weg in die Nacht hinein ihrer Kulturarbeit nachgehen, was dann grob geschätzt einen Musiker auf etwa 100 Besucher ergibt. Ein Erfolgsmodell. Und das hat natürlich seine Gründe. Vorneweg vielleicht das für viele charmante Argument, dass man nirgendwo Eintritt zahlen muss bei der Fête de la Musique, die in sich selbst schon – auch ein Grund – marktschreierisches Prinzip ist: Alles findet flanierfreundlich draußen statt, man bleibt einfach dort stehen, wo schon die anderen stehen.

Und es ist die schiere Masse. Das gar nicht mehr zu übersehende Angebot an Musik, in einer bunten Mischung, gegen die man eigentlich gar nichts haben kann, wie ja auch gegen die prall mit Hits gefüllten Kompilationsalben kaum etwas einzuwenden ist, womit man mit Monty Python und deren „and now for something completely different“ in einem eigentlich ganz anderen Thema steht, wo einem aber doch so einige Ähnlichkeiten entgegenschauen.

Das Prinzip „kleckerweise klotzen“. Auf solchen Samplern wurden ja schon zu Vinylzeiten gern so viele Nummern verstaut, wie eine Scheibe nur fassen konnte. Statt den üblichen fünf, sechs Liedern pro Seite waren es zehn und mehr, was die Konzentration nun nicht unbedingt fördert. Mehr was für Menschen, die sich nicht wirklich entscheiden wollen. Die Mutter dieser Grillteller der Musik soll „25 Great Country Artists Singing Their Original Hits“ sein, von Philip Kives als möglicherweise erste Kompilation 1966 an den Markt gebracht. Der Mann, der erst als Marktschreier Bratpfannen verhökerte und später technisch via Radio und Fernsehen aufgemotzt mit seiner Firma K-Tel (das K für Kives und Tel für Televisionswerbung) Billigartikel wie Zwiebelschneider oder eben Platten. Millionenfach. Hitkompilationen, gegen die man nicht wirklich was einwenden kann, auch wenn ihnen wohl kaum jemand einen Ehrenplatz im seiner Sammlung einräumen würde. Grillteller bestellt man, um satt zu werden.

Kompilation kommt aus dem Lateinischen: compilatio, Plünderung.

Und K-Tel zerplatzte Ende der Neunziger schlicht mit der Dotcom-Blase. THOMAS MAUCH