Anarchoclown

Wenn die Profigolferin Song-Hee Kim (nebenstehendes Bild) den Golfball gut trifft, erreicht der eine Geschwindigkeit von gut und gern 200 km/h. Bei einem ungeübten Spieler, wie dem Straßentheaterveteranen und anarchistischen Politaktivisten Leo Bassi mag es weniger sein, im Weg stehen möchte man aber nicht unbedingt, wenn der zuhaut. Wie man überhaupt ein wenig Abstand zur Bühne sucht, nachdem Bassi dem ersten Zuschauer das T-Shirt zerschnitten hat, weil der Werbung für einen Sportartikelhersteller darauf trägt oder die komplette erste Reihe mit den Resten zertrümmerter Melonen eingesaut hat. Widerstand ist zwecklos, und außerhalb seiner Reichweite ist das Publikum nie. Da ist schließlich immer noch der Golfball, drohend platziert am Bühnenrand. Und während Bassi einen Vortrag über die Ungerechtigkeit der Welt und ihre Unberechenbarkeit hält, zielt er mal in diese, mal jene Ecke des Saales. Und niemand weiß, ob er es tun wird oder nicht. Dem Mann ist nichts heilig, insbesondere das vermeintlich Heilige attackiert er bei jeder Gelegenheit; er greift ein, er greift an. Was an Bassi fasziniert, sind die Kompromisslosigkeit, mit der er seine (bisweilen auch etwas kruden) Thesen vertritt, und die Angst, die er dabei im Publikum wecken kann. Schadenfrohes Lachen verbietet sich, denn: Du könntest das nächste Ziel sein.

■ Leo Bassi: 15./16. August, 20 h, Wühlmäuse, Pommernallee 2–4