Meike Jansen schaut sich in den Galerien von Berlin um

Langsam findet sich in Galerien der erste Flyer zur 6. Berlin Biennale (11. 6.–8. 8. 2010). Verstehen oder zumindest ernst nehmen muss man das Geschwurbel um Wirklichkeit und Realität darauf nicht. Weiterhin ist in dem Text die Sprache vom „fiktionalen Arsenal der Massenmedien und des Konsums, von den Rhetoriken der Ablenkung und der Beschwichtigung“. Und das, verehrte Kathrin Rhomberg, „müsste uns das nicht endlich zur Frage nach der Kunst der Gegenwart führen, nach ihrem Verhältnis zur Wirklichkeit“? Nicht wirklich, oder? Vielleicht führt’s auch direkt dran vorbei. Rhetorik der Ablenkung und so… Wie die Bilder von Michael Schmidt auf der Flyerrückseite und Webseite? Namenlose Frauen – meist mit straffen, mal mit schlaffen, hin und wieder mit verdeckten Körpern. Festgehalten zwischen 1997 und 1999, also in der Zeit der 1. Berlin Biennale. Damals anscheinend keine über 40 Jahre alt. Muss das noch hinterfragt werden? Anscheinend. Währenddessen stellt sich der Biennale-Teilnehmer und DAAD-Stipendiat Phill Collins als Vorhut im Rahmen des EU-finanzierten „Artists Beyond“-Projekts in Manchester den Fragen von Sarah Perks, Direktorin des Cornerhouse. Internationales Marketing immerhin über Inhalte. Knallhart und ohne Schnörkel widmet sich dagegen Darius Ziura den Realitäten: Der Litaue, ausgebildeter Maler, fotografierte ebenfalls Frauen, die er nun in kleinen Kästen als Projektionen zeigt. Die Bilder haben nichts Romantisches oder Beschönigendes, wie bei Schmidt. Doch im Gegensatz zu den Modellen des Berliner Fotografen verunsichern Ziuras Frauen einen bis ins Mark, ohne dass man zunächst weiß, warum. Dann wird klar: Es sind Prostituierte, die Ziura im Bahnhofsviertel von Vilnius traf und deren Körper er kaufte. Gegeben haben sie jedoch viel mehr. Und das macht diese Bilder so stark.

■ Darius Ziura: Selected Takes, bis 8. Mai, Di.–Sa. 12–18 Uhr, Antje Wachs Gallery, Charlottenstraße 3