Bei Jack Beauregard kann man schon mal hängen bleiben, bei David Judson Clemmons eher nicht

Letztens durchgezappt. Hängen geblieben bei einem dieser neuen digitalen Sender, in denen die Öffentlich-Rechtlichen ihren Restanspruch verstecken. Vielleicht war’s auch Arte. Wie auch immer. Saß da jedenfalls eine Band auf einem Dach, hinter sich Berlin, so sah es zumindest aus, und die Band spielte und sang und brachte das Zappen zum Stillstand. Das war so Musik, die ganz ruhig dahinfließt, einen weniger fesselt, als warm umarmt, und die Sekunden wurden zu Minuten, der Wohlklang füllte den Raum, und schließlich erschien die Einblendung: Jack Beauregard. So hieß die Band also. Gut zu wissen. Schön.

Sehr schön ist auch „The Magazines You Read“, das schon zweite Album von Jack Beauregard. Hinter dem seltsamen Namen versteckt sich allerdings kein, wie man vielleicht denken könnte, sensibler kanadischer Holzfäller, sondern der Hamburger Pär Lammers und der Kölner Daniel Schaub, die mittlerweile in Berlin leben. Der Name stammt aus dem Italo-Western, in „Mein Name ist Nobody“ trug ihn ein müder Revolverheld. Lämmers und Schaub verdienen sich ihr Geld sehr viel bürgerlicher, indem sie Songs für andere schreiben, darunter auch für Lena Meyer-Landruth, die Eurovisions-Lena also. Das ist nicht ehrenrührig und sicher auch gut für den Geldbeutel, aber wenn man „The Magazines You Read“ so hört, dann muss man sagen: Am besten wäre es, wenn Jack Beauregard alle ihre Songs selbst aufnehmen würden. Denn das können sie. Nun dümpeln ihre Songs vollkommen entspannt dahin zwischen Folk und Pop, ein bisschen Elektronik, wenn es nötig ist, und auch der Jazz ist bisweilen zu hören, den Lämmers auch schon spielte. Aber eigentlich ist ziemlich egal, in welchen Genres die beiden so wundervoll ein urbanes Hängergefühl hörbar machen. Ein Gefühl, wie man es sonst wohl nur an einem dieser lauen Sommerabende fühlen kann, und das am besten über den Dächern einer Stadt wie Berlin.

Wie man mit weitgehend denselben Mitteln aber gänzlich andere Effekte erzielen kann, demonstriert David Judson Clemmons. Der hat einst in Amerika eine durchaus sagenumwobenen Band wie Jud gegründet, später die dann auch ziemlich kultgerechten Fullbliss und lebt nun schon eine Weile in Berlin. „Cold White Earth“ ist sein drittes Solo-Album und wurde aufgenommen in einem Hauptstadtwinter. Einem typisch grauen, düsteren Hauptstadtwinter darf man vermuten, so wie sich die Platte anhört.

Jedenfalls singt Clemmons so Sachen wie: Ich liege einfach hier so rum. Oder: Ich weiß auch nicht, was ich sagen soll. Auf Englisch natürlich. Das größere Problem ist, dass sich auch die Melodien anhören wie irgendwie so rumgelegen. Sicher, manchmal gräbt sich eine Geige hübsch in die Magengrube, manchmal kommt ein seltsames Gefühl auf wie in einem staubigen Western, der im amerikanischen Bürgerkrieg spielt. Aber meistens klimpert die Gitarre ziellos vor sich hin, Clemmons singt irgendwas irgendwie und hat leider vergessen, ein paar gute Songs zu schreiben. Ist schwer, da hängen zu bleiben. THOMAS WINKLER

■ Jack Beauregard: „The Magazines You Read“ (Tapete/Indigo); David Judson Clemmons: „Cold White Earth“ (MMS/Alive), live: 23. 7., 22 Uhr, Dazzle