Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Am 4. April diesen Jahres ist der israelisch-palästinensische Theatermacher Juliano Mer-Chamis vor seinem Theater im palästinensischen Flüchtlingslager Dschenin vor den Augen seiner Kinder erschossen worden. Mer-Chamis, Sohn einer jüdischen Mutter und eines arabischen Vaters, hatte sich stets vehement für die Rechte der Palästinenser eingesetzt. Den Riss, der durch die eigene Identität als jüdischer Palästinenser ging, versuchte er stets für die Verständigung fruchtbar zu machen. Es waren wahrscheinlich Islamisten, die diesen Versuch brutal beendet haben. Zurzeit gastiert das von ihm gegründete Freedom Theatre an der Schaubühne. Gezeigt wird eine Inszenierung von Mer-Chamis’ Nachfolger Nabil al-Raee mit Schauspielstudenten aus palästinensischen Flüchtlingslagern. „Sho Kman? – Was noch?“ ist heute Abend zu sehen. Die Schaubühne unterstützt auch einen Spendenaufruf, um die Existenz des Freedom Theatre zu sichern. (medico.de/freedomtheatre)

Ebenfalls heute Abend hat im Ballhaus Naunynstraße eine Inszenierung des jungen israelischen Regisseurs Michael Ronen Premiere. „Perikizi“ erzählt die Geschichte eines jungen Mädchens, das Schauspielerin werden will und sich deshalb von Istanbul auf den Weg nach Deutschland macht. Der Stoff basiert auf dem autobiografischen Roman „Die Brücke vom Goldenen Horn“ der Schauspielerin, Schriftstellerin und Dramatikerin Emine Sevgi Özdamar, die mit neunzehn Jahren 1965 nach Westberlin kam und Schauspielerin wurde. In den 70er Jahren wechselte sie nach Ostberlin an die Volksbühne, arbeitete dort u. a mit Heiner Müller zusammen. Özdamar ist eigentlich die Urmutter der postmigrantischen Kultur und war schon eine feste Größe am deutschen Kulturhimmel, als der Postmigrantismus noch gar nicht erfunden bzw. so benannt worden war.

■ „Sho Kman? – Was noch?“: Di., Schaubühne

■ „Perikizi“: ab Di., Ballhaus Naunynstraße