Gegen die Wand

Das konservative Bücherregal ist das Blingbling des feinen Geistes – und muss unbedingt schnell weg

Der Mensch inszeniert sich gerne, wenn er in die Öffentlichkeit gerät: Rapper behängen sich mit tonnenschwerem Schmuck und nennen diese Insignien ihres Größenwahns auch noch angeberisch „Blingbling“. Aber auch der feine Geist hat sein Blingbling: die gut sortierte Bücherwand.

Wie die schwere Goldkette beim Rapper dient die Bücherwand beim TV-Interview als Symbol für Status und die Position im gesellschaftlichen System. Immer wieder werden Menschen, die etwas zu sagen haben, und die Rechtfertigung dessen soll aus ihrer intellektuellen Kapazität entspringen, von eifrigen Fernsehteams vor maßgezimmerte, raumhohe Regale gesetzt. Billig ist das – und nicht besonders einfallsreich. Sind die Thesen der Interviewten so schwach, dass die bebücherte Wand als theoretische Unterfütterung herhalten muss?

So stehen Interviewpartner nun mit dem Rücken zur Wand, wenn sie der Regieanweisung „Vor das Bücherboard setzen“ blind gehorchen. Denn es wird Zeit, sich von der Wand zu lösen. Interessant wird doch erst das gebrochene Klischee – der Rapper vor der Bücherwand, die Intellektuellen mit Goldkette. NAT