DIE STEILE THESE

Gestern feierte Friedrich Schiller seinen 250. Geburtstag. Wie alt muss er noch werden, um von seinem Image als ewiger Zweiter loszukommen?

Paul McCartney und John Lennon haben’s vorgemacht: Das Siegertreppchen muss keine einsame Höhe sein, es kann auch zwei Beste geben. Nicht so in der Welt der klassischen Literatur. Da heißt es: Goethe first. Das Missverhältnis zwischen Ansehen und Größe der beiden illustriert sich in Weimar am besten: Die Statuen von Schiller und Goethe auf dem Theaterplatz sind gleich groß, obwohl Schiller in Wirklichkeit stattliche 20 Zentimeter mehr maß. Dabei muss sich er keineswegs klein machen. Während Goethe sein Leben lang schon für seine literarische Einbalsamierung sorgte, hatte Schiller beständig mit existenziellen Problemen zu kämpfen. Dass er mit seinen Abhandlungen über Ästhetik wegweisend für die Philosophen seiner Zeit wirkte, ist heute so gut wie vergessen. Goethe, der Dichterfürst – und Schiller? Ein adäquates Attribut fehlt bis heute. Wenn’s schon literarische Superlative geben muss, dann bitte zweimal den ersten Platz vergeben.