Hier fleht die Polizei

VERHÜLLUNG Das Burka-Verbot in Frankreich ist fast durch. Gutes Zureden soll vor der Geldstrafe stehen

In ganz Frankreich soll es nicht mehr als 2.000 Frauen geben, die aus religiösen Motiven, unter (männlichem) Zwang oder aus eigenem Antrieb Niqab oder Burka tragen. Doch das Innenministerium will in diesem Fall offenbar den Anfängen wehren und so hat das „Burka-Verbot“ in Frankreich nun die vorletzte Hürde genommen.

Das generelle Vermummungsverbot, mit dem die französische Regierung die integrale Verschleierung mit Niqab oder Burka aus der Öffentlichkeit verbannen will, ist mit einem Abstimmungsergebnis von 335 zu 1 von der Nationalversammlung verabschiedet worden und braucht noch die Billigung durch den Senat. Falls danach die Verfassungsrichter nicht Grundsätzliches auszusetzen haben, kann die Theorie ab 2011 in die Praxis umgesetzt werden. Das französische Modell könnte dann in Europa Schule machen.

Die von französischen Muslimen befürchtete Repressionswelle soll es aber nicht geben. Das Gesetz, das bei einem Verstoß gegen das Verbot der völligen Verhüllung des Gesichts mit einer Geldstrafe von 150 Euro droht, gewährt den Ordnungshütern einen Ermessensspielraum. Sie sollen den Zuwiderhandelnden zunächst gut zureden und eine gütliche Einigung suchen. Das Vorgehen inspiriert hat die eher positive Bilanz des Kopftuchverbots an öffentlichen Schulen. Vor der Sanktion soll also die Pädagogik kommen.

Den in der Öffentlichkeit erwischten Verschleierten kann als Alternative zur Geldbuße ein „freiwilliger“ Bürgerkunde-Kurs zu ihrer Aufklärung über die rechtliche Gleichstellung von Frau und Mann und die Trennung von Religion und Staat in Frankreich angeboten werden.

Die Polizei indes hat nicht auf diesen Paragrafen gewartet, sondern geht bereits gegen Verschleierte vor, ohne sich dabei auf irgendwelche religiöse Argumente einzulassen. So wurde kürzlich bei Nantes eine ganz und gar verschleierte Autofahrerin von Verkehrspolizisten gestoppt. Sie erhielt eine Geldbuße über 20 Euro, da ihr Schleier sie beim Lenken des Fahrzeugs beeinträchtigt und sie sich so strafbar gemacht habe. Bei Straßenkontrollen haben die Beamten übrigens schon jetzt das Recht, von der Fahrerin zur Überprüfung ihrer Identität zu verlangen, dass sie ihr Antlitz vor ihnen entblößt.

Nun wollen auch Erzieher und Lehrer die Möglichkeit für sich reklamieren, völlig verhüllten Personen unter den Schleier zu gucken, die am Tor Kinder abholen. RUDOLF BALMER