NEUES AUS NEUSEELAND: LÜGEN WIE DIE FRANZOSEN

VON ANKE RICHTER

Alles darf man als Gast in Neuseeland. Alles, nur eines nicht: Hinterher behaupten, man sei schlecht behandelt worden. Da versteht die netteste Nation der Welt gar keinen Spaß. Die Vorstellung, in irgendeiner dunklen Ecke des Landes könnte Touristen Gefahr drohen, löst Horror im Volk aus.

Unschön ist daher, was sich die französische Rugbymannschaft vorige Woche in Wellington leistete. Genauer, ihr Starspieler Mathieu Bastareaud. Rugbyspieler, muss man wissen, kommen bei den Kiwis gleich nach Gott, Michael Jackson und Edmund Hillary.

Die Nachricht ging um die Welt: Nach dem Spiel gegen die All Blacks, das die Franzosen verloren, irrte Bastareaud nachts allein zu seinem Hotel zurück. An einem Taxistand wurde er von „vier oder fünf“ Männern angegriffen – „Maori oder Polynesier“, behauptete der mit 111 Kilo, 1,83 Meter und vielen Dreadlocks gesegnete Hüne. „Fucking French“, brüllten sie angeblich, bevor sie ihm einen Hieb auf die Schläfe verpassten. Der 20-Jährige hatte eine Platzwunde, die genäht werden musste.

Welch ein Schock, welch eine Schande für das friedliche Wellington. Dort war man angesichts der feigen Attacke untröstlich. Die Bürgermeisterin und der Premierminister entschuldigten sich öffentlich für die brutalen Hooligans. Nach denen wurde bereits fieberhaft gesucht. Sieben Beamte waren fünf Tage lang beschäftigt, um den skandalösen Fall aufzuklären.

Was sie fanden, waren jedoch Videos aus den Überwachungskameras des Hotels. Und da sah man den Franzmann, wie er um fünf Uhr morgens in Begleitung seines Captains, eines weiteren Spielers und zwei unbekannter Damen beschwingt das Holiday Inn betrat – ohne die Spur einer Blessur im ansonsten von recht viel Akne gezeichneten Gesicht. 25 Minuten später verschwand er auf seinem Zimmer.

Was dort genau passierte, wird wohl nie jemand erfahren. Als die Polizei drohte, die Videobilder zu veröffentlichen, meldete sich das angebliche Gewaltopfer aus Sydney – er war bereits abgereist. In einem knappen Statement gab er eine Entschuldigung ab: Er sei betrunken mit dem Kopf gegen den Nachttisch geknallt. Weil er sich schäme, habe er den Überfall erfunden.

So weit, so schlecht. Mit der lauwarmen Erklärung geben sich die Kiwis nicht zufrieden. Bastareaud hat mit seiner Lüge den Ruf des Land besudelt. Noch schlimmer: Sein Team muss davon gewusst haben und hat ihn gedeckt. Diese Franzosen!

Auf Bastareaud, ab sofort nur noch „der Bastard“, hagelte Hass und Häme. Da kommen schlechte Erinnerungen hoch. Wie war das noch damals, als französische Geheimagenten das Greenpeace-Schiff „Rainbow Warrior“ in die Luft zu sprengen versuchten? Was wurde da vertuscht und gelogen! Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht.

Daheim in Frankreich wird kolportiert, auch die Nachttisch-Version sei eine Lüge. Bastareaud habe sich im Hotel geprügelt. Fest steht: Er ist seit Anfang der Woche wegen Selbstmordgefahr in einer Klinik. Nach dem Neuseeland-Eklat versuchte er, in die Seine zu springen.