Nach ICE-Unfall: Bahn kontrolliert nur unter Zwang

Die Deutsche Bahn die ICE-3-Züge nach dem Unfall in Köln nicht freiwillig aus dem Verkehr gezogen. Ein Schreiben des Eisenbahnbundesamtes belegt: Die Bahn reagierte erst auf Anweisung.

Die ICE3-Kontrollen nach dem Unfall in Köln erschienen so, als wären sie freiwillig. Stimmt aber gar nicht. Bild: dpa

Die ICE-Achse, die vergangene Woche wenige Meter vom Kölner Hauptbahnhof gebrochen ist, befindet sich an einem geheim gehaltenen Ort. Die Staatsanwaltschaft Köln hat einen unabhängigen Gutachter mit ihrer Untersuchung beauftragt, will seinen Namen aber nicht nennen. Er soll klären, ob die Achse bereits auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke von Frankfurt nach Köln einen Knacks hatte.

Er sucht nach den Ursachen der Panne, nach der die ICE-3-Flotte überprüft werde musste und es in den letzten Tagen zu schweren Störungen im Bahn-Verkehr kam. Sechs Fahrgäste hatten angegeben, einen Zugbegleiter schon über eine Stunde vor dem Unfall vergeblich auf verdächtige Geräusche aufmerksam gemacht zu haben. Der Schienenfahrzeugprofessor Markus Hecht von der TU Berlin weist darauf hin, dass die Achse auf keinen Fall spontan durch die Notbremsung beschädigt worden sein kann. Stahl sei ein langsam reißendes Material.

Derweil wird immer deutlicher, dass die Bahn keineswegs von sich aus "auf Nummer sicher" gegangen ist, als sie 61 ICE-3-Züge aus dem Verkehr zog, um deren Achsen einer Zusatzkontrolle zu unterziehen. So hatte es DB-Vorstandsmitglied Karl-Friedrich Rausch mehrfach in der Öffentlichkeit dargestellt. Doch das Eisenbahnbundesamt als Aufsichtsbehörde sah sich veranlasst, dem Unternehmen am Freitag klare Anweisungen zu erteilen: "In Ihrem Schreiben sind leider keine über den gestrigen Sachvortrag hinausgehenden neuen Gesichtspunkte enthalten, die mich zu einer Änderung des mündlich erlassenen Verwaltungsaktes veranlassen würden." Dieser Satz zeigt, dass es eine Anweisung gab.

Am Donnerstag waren die ICE-3-Züge noch mit bis zu 300 Stundenkilometern durch die Republik gerast. Die Aufsichtsbehörde mahnt, dass ihr Betrieb eine Gefahr für Leib und Leben darstellen könne. Ein Achsbruch führe unweigerlich zum Entgleisen des Zuges.

Wäre der ICE am Mittwoch nicht mit Schrittgeschwindigkeit gefahren, sondern mit Höchstgeschwindigkeit, "hätte sich mit nicht unerheblicher Wahrscheinlichkeit eine Katastrophe wie etwa in Eschede ereignen können". Vor zehn Jahren waren bei dem ICE-Unfall 101 Menschen gestorben. Deshalb ordnete das Eisenbahnbundesamt laut dem Dokument die sofortige Kontrolle als "Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse an".

Das Schreiben hat das in solchen Fällen meist gut informierte Fachmedium Eisenbahnkurier am Dienstag veröffentlicht. Das Eisenbahnbundesamt sah sich weder in der Lage, die Existenz des Schreibens zu bestätigen, noch zu dementieren.

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