Verstaatlichte Bank

Der schwedische Staat übernimmt die konkursreife Investmentbank Carnegie. Aufgeblähte Geschäfte

STOCKHOLM taz ■ Mit einem dramatischen Manöver verhinderte die schwedische Regierung am Montag einen Bankencrash, der das Finanzsystem des Landes in schwere Turbulenzen hätte bringen können. Die Finanzaufsichtsbehörde entzog erst der Investmentbank Carnegie wegen mehrfacher Verstöße gegen Finanzmarktbestimmungen die Bankenlizenz.

Unmittelbar danach übernahm die nationale Schuldenbehörde (Riksgälden) das Institut, das damit weitergeführt wird. Begründung: die Bank sei „systemwichtig“ und ihr Konkurs hätte sowohl schwedische Privathaushalte wie Firmen schwer getroffen und die Stabilität des Finanzsystems gefährdet.

Tatsächlich hätte ein Carnegie-Konkurs auf Schweden übertragen ähnliche Folgen haben können wie die Pleite der Investment-Bank Lehmann Brothers in den USA. Carnegie war in den letzten Jahren massiv expandiert und vor allem im unübersichtlichen Derivat- und Obligationsgeschäft engagiert.

Vor einigen Jahren galt Carnegie noch als Vorbild erfolgreicher Finanzgeschäfte und verteilte jährlich ein millionenschweres Bonusprogramm an Führungsspitze und Beschäftigte. Wie sich mittlerweile herausstellte, standen dahinter aber offenbar auch Scheingeschäfte in großem Stil, die das Geschäfts- und Gewinnvolumen künstlich aufblähten, während Kreditrisiken unter Verstoß gegen Finanzmarktbestimmungen verschleiert wurden.

Im vergangenen Jahr drohte die Finanzaufsichtsbehörde erstmals den Lizenzentzug an. Im Gefolge der globalen Finanzkrise ging es mit Carnegie steil bergab. Der Aktienkurs fiel um bis zu 90 Prozent, Ende Oktober musste die staatliche Bankengarantie mit einer Sicherheit von umgerechnet 600 Millionen Euro einspringen, um einen Bankrott abzuwenden. Im Kern sei die Bank aber gesund, behauptet der schwedische Finanzmarktminister Mats Odell, der die Bank sobald wie möglich wieder privatisieren will. REINHARD WOLFF