Krise macht vor Elektroautos nicht Halt

Der Hersteller des norwegischen Elektro-Fahrzeugs Think steckt in großen Schwierigkeiten. Ein Hilfskredit rettet die Firma zunächst bis Ende Februar

STOCKHOLM taz ■ Sie liegen eigentlich in der Zeit, die kleinen sparsamen Elektroautos vom Typ Think City, die in Norwegen produziert werden. Doch die Firma balanciert am Rande des Konkurses. Vor Weihnachten hatte die Firmenleitung fast alle 200 Beschäftigten in einen Zwangsurlaub geschickt. Man benötigt rund 30 Millionen Euro an frischem Kapital. Und die Finanzkrise macht es schwer, neue Privatinvestoren zu finden.

Mit einem Hilfskredit von 4 Millionen Euro, den vergangene Woche der Think-Batterielieferant, die US-Firma Ener1, lockermachte, kann man nun erst einmal bis Ende Februar weitermachen. Und hofft bis dahin auf weitere Investoren und auch auf Staatsknete. Obwohl die Produktion von Elektroautos in Norwegen, dem ja ansonsten jede Autobauertradition fehlt, bislang keine Erfolgsgeschichte ist. 1998 war die 8 Jahre vorher gegründete Firma das erste Mal am Ende, doch es tauchte ausgerechnet in Gestalt von Ford die überraschende Rettung auf. Angesichts einer in Kalifornien drohenden Gesetzgebung, wonach alle Firmen einen „Umweltauto“-Anteil von 3 Prozent in ihrer Produktion haben sollten, interessierte man sich in Detroit plötzlich für den norwegischen Pivco und glaubte, sich teure eigene Entwicklungsarbeit sparen zu können.

Der US-Autolobby gelang es jedoch, diese Gesetzgebung zu kippen. Nach drei Jahren und rund 150 Millionen Dollar investiertem Kapital, aber einem Verkauf von nur 1.000 der mittlerweile „Think“ getauften Zweisitzer zog Ford sich wieder zurück. Einige Jahre hielt ein Schweizer Investor den auf Sparflamme laufenden Betrieb über Wasser. 2007 kam der nächste Konkurs, dem einige Monate später ein neuer Anlauf folgte. Unter anderem mit Kapital des US-amerikanischen Ketchup-Produzenten Heinz und der norwegischen Solarzellenfirma REC.

Das Konzept schien erfolgversprechend. Ein Verkaufspreis von rund 20.000 Euro, dazu eine Batteriemiete von monatlich rund 200 Euro, in die ein kostenloser Service und freier Batterietausch eingehen. Das Ziel war eine Produktion von 2.500 bis 3.000 Think City im Jahr 2008 und 9.000 in diesem Jahr. Ab 7.000 verkauften Autos wollte man schwarze Zahlen schreiben. Es wurden nicht einmal 1.000 im vorigen Jahr. Die Finanzkrise kam, und die meisten Lieferanten – das Chassis kommt aus Thailand, die Plastikkarosserie aus der Türkei – verlangten plötzlich Vorauszahlung. Und dann stoppte auch noch die Versicherungsgesellschaft, die die Batteriemiete abwickelt, wegen der drohenden Zahlungsunfähigkeit von Think die Auslieferung von 300 bereits fertiggestellten Autos.

Oslo hat signalisiert, dass man den Autobauer gern am Leben erhalten möchte. Wirtschaftsministerin Liv Signe Navarsete sieht in Think den „weltweit führenden Hersteller“ von Elektroautos. Denn wie nicht zuletzt der Autosalon in Detroit gerade zeigte, setzen plötzlich alle großen Konzerne auf diesen Antrieb und kündigen eigene Modelle an. Der norwegische Pionier dürfte deshalb nur zusammen mit einem starken Partner aus der Branche eine wirkliche Überlebenschance haben. Doch der scheint noch nicht in Sicht. REINHARD WOLFF