Bürgerinitiative will Energieversorger Thüga

Neues Projekt für Stromrebellen: Für Kauf der Eon-Tochter sollen bis Sommer 100 Millionen Euro zusammenkommen

FREIBURG taz ■ Aus der heutigen Eon-Tochter Thüga soll ein Bürgerunternehmen werden. Das strebt die Inititaive „Bürger brechen Monopole“ an, die sich gestern in Freiburg präsentierte. Das Ziel: 100 Millionen Euro Kapital bis zum Sommer zu sammeln.

Hintergrund ist der anstehende Verkauf der Thüga auf Druck des Kartellamtes. Einer der Vordenker ist Michael Sladek aus Schönau im Schwarzwald, der zusammen mit anderen Schönauern Mitte der Neunzigerjahre einen Millionenbetrag akquirierte, um das örtliche Stromnetz zu kaufen. Sladek begründet auch die neuerliche Aktion mit dreifachem Gewinn. Zunächst bekommen die Bürger Einfluss auf die Geschäftspolitik der Thüga im Sinne einer nachhaltigen Energiepolitik. Zweitens werde der Geldabfluss aus der Region verhindert, weil die Gewinne wieder den Bürgern vor Ort zugutekämen. Denn der Thüga gehören auch 47 Prozent des Freiburger Energie- und Wasserversorgers Badenova. Zudem biete das Projekt den Bürgern in Zeiten unsicherer Kapitalmärkte eine sichere Geldanlage.

Allerdings ist das Vorhaben diesmal von ganz anderer Dimension als damals in Schönau. Die Thüga hält Beteiligungen an 110 kommunalen Versorgern. Wird sie aus dem Eon-Konzern herausgelöst, wird sie nach den großen vier Energiekonzernen der nächstgrößte Versorger in Deutschland sein.

Auf 3 bis 4 Milliarden Euro beläuft sich der Wert des Unternehmens. Neben der Freiburger Bürgeraktion haben bereits zahlreiche kommunale Unternehmen Interesse zur Übernahme von Thüga-Anteilen signalisiert, darunter zum Beispiel die Badenova, die Erdgas Südsachsen und die Energieversorgung Mittelrhein, aber auch drei große regionale Versorger (Mainova Frankfurt, Stadtwerke Hannover, N-ergie Nürnberg). Die kommunalen Unternehmen peilen zusammen die Übernahme von 60 bis 70 Prozent der Thüga an. Vom verbleibenden Drittel will die Bürgerinitiative einen möglichst großen Anteil kaufen. Die Infrastruktur der Initiative steht bereits. Der Freiburger Rechtsanwalt Friedhelm von Spiessen hat ein Treuhandkonto eröffnet, auf dem ab sofort Geld gesammelt wird. Wenn die Bürger mit ihrem Angebot tatsächlich zum Zuge kommen, soll das Kapital in eine zu gründende Gesellschaft eingebracht werden. Andernfalls wird es in voller Höhe an die Bürger zurückfließen.

Ab 500 Euro kann jeder Bürger einsteigen. Nach einem ersten Treffen der Initiative lagen aus den eigenen Reihen binnen zwei Tagen bereits verbindliche Zusagen in Höhe von 600.000 Euro vor. BERNWARD JANZING