HRE-Bank kann demnächst enteignet werden: Es dient dem Gemeinwohl

Koalition macht Weg frei für das "Rettungsübernahmegesetz", das die Enteignung von Aktionären der Hypo Real Estate ermöglicht.

Namentliche Abstimmung im Bundestag: Eine große Mehrheit votierte für das Enteignungsgesetz. Bild: dpa

BERLIN taz Der Bundestag hat am Freitag dafür gestimmt, gegebenenfalls Aktionäre des hoch verschuldeten Immobilienfinanzierers Hypo Real Estate (HRE) zu enteignen. Die Zustimmung des Bundesrats zum "Rettungsübernahmegesetz" am 3. April gilt als sicher. Kurz darauf will Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) die Hauptversammlung der HRE einberufen.

Das Ziel der Bundesregierung: Die Aktionäre sollen auf der Versammlung einer massiven Kapitalerhöhung zustimmen. Die neuen Aktien würden dem Bund gehören. Dessen Einfluss würde dadurch noch weiter zunehmen. Das nur bis Ende Juni gültige Gesetz gibt Steinbrück die Möglichkeit, den Widerstand des Großaktionärs Christopher Flowers gegen eine staatlich gelenkte Sanierung zu brechen. Flowers will seinen HRE-Aktien-Anteil von rund 24 Prozent behalten. Hingegen plant der Bund, möglichst 100 Prozent an der HRE zu übernehmen. Dafür würde er als äußerstes Mittel auch Flowers enteignen und ihm dafür eine Entschädigung in Höhe des aktuellen Marktwerts seiner Aktien zahlen. Nur liegt deren Wert am Boden. Derzeit kostet eine Aktie lediglich 79 Cent. Flowers hingegen, der durch die Beinahepleite der HRE rund 1 Milliarde Euro verloren hat, fordert bislang 3 Euro pro Aktie.

Die Bundesregierung will sich mit dem neuen Gesetz die Möglichkeit offenhalten, Flowers zu enteignen. Nur dieses ungewöhnliche Mittel verhindert aus ihrer Sicht, dass Teile der 87 Milliarden Euro an Staatsgarantien für den Immobilienfinanzierer nicht von dort wieder abfließen. Hinzu kommen 15 Milliarden Euro von anderen Finanzinstituten.

Der Bund will den Konzern so schnell wie möglich sanieren, um seinen baldigen Zusammenbruch abzuwenden. Regierung, Bundesbank und die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) halten die HRE für "systemrelevant". Das heißt, ihr Zusammenbruch würde nach verbreiteter Meinung auch andere Wirtschaftszweige in Deutschland gefährden.

Bis zuletzt war nicht klar, wie viele Parlamentarier der Unions-Fraktion für das umstrittenen Vorhaben votieren würden. Die Zustimmung fiel am Ende erstaunlich deutlich aus. In einer namentlichen Abstimmung votierten am Vormittag 379 Abgeordnete für die umstrittene Gesetzesänderung, 107 waren dagegen. 46 enthielten sich. Bei der Wahl waren 80 Parlamentarier nicht anwesend.

"Wir werden tun, was dem Gemeinwohl dient", sagte der haushaltspolitische Sprecher der Union, Steffen Kampeter. Die Entscheidung bilde "kein Einfallstor für umfassende Enteignungen". Großinvestor Flowers sei aufgrund des gesunkenen Aktienkurses faktisch bereits enteignet. Nun müsse der Staat die Steuerzahler davor schützen, ihre Hilfsgelder durch einen Zusammenbruch der HRE zu verlieren.

Die FDP stimmte gegen das Gesetz. Ihr wirtschaftspolitischer Sprecher Rainer Brüderle sprach von einem Schlag gegen die soziale Marktwirtschaft und einem "Tag der Unfreiheit".

Der Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn nannte die FDP-Einwände "ideologischen Quatsch". Die Blaugelben schützten die Interessen der Anteilseigner, die sich verspekuliert hätten, nicht aber die der Steuerzahler.

Während sich die Grünen bei der Abstimmung enthielten, stimmte die Linkspartei mit Nein. Ihr geht die neue Regelung nicht weit genug. Fraktionschef Gregor Gysi forderte die gesetzliche Festschreibung, die HRE nur dann wieder zu privatisieren, wenn die eingesetzten Staatsgarantien mit Zinsen zurückgezahlt würden.

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