LESERINNENBRIEFE
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Einen Neustart simulieren

■ betr.: „Die Kultur der Achtsamkeit“, „Wir haben keine Zeit für Systemfragen“, taz vom 5. 9. 09

Es ist immer wieder verblüffend, mit welcher Hartnäckigkeit selbst aufgeklärte Männer wie die Autoren der o. a. Beiträge sich die Möglichkeit vergeben, das System von außen in Frage zu stellen. Man ist sich zwar einig, dass die globalisierte Wachstumsökonomie weder sozial noch ökologisch zukunftsfähig ist. Doch das neoklassische Wirtschaftsmodell, das an der Marktgrenze zu denken aufhört, bleibt auch für seine Kritiker sakrosankt.

Vielleicht sollten wir tatsächlich einen Neustart simulieren und Entwicklungspfade skizzieren, auf denen nicht nur Kapital, Arbeit und der Staat, sondern marginale Größen wie Versorgungsarbeit oder das Wohlergehen von Kindern ins Kalkül gezogen würden. Das, was man inzwischen als weltweite Krise der Care Economy identifiziert, ist nicht weniger bedrohlich als die Krisenszenarien innerhalb der Geld- und Gütermärkte. Im Zweifel hat die globale Krise durchaus systembedingte Ursachen, die sich erkennen ließen, wäre nicht der male bias in unserer Denkweise ebenso fest verankert wie in unserer Wirtschaftsweise. ELISABETH STIEFEL, Köln

Zartes Pflänzchen der Hoffnung

■ betr.: „Als die Grünen Heuschrecken fütterten“, „Keine Zeit für Systemfragen“, sonntaz vom 5. 9. 09

Unter dem Deckmäntelchen von „Grün pur“ transportierten die Grünen einst lauter neoliberale Trojanische Pferde ins Parlament. Margareta Wolf (heute: parteilos) und Oswald Metzger (heute: CDU) sind dafür glänzende Beispiele. Der Grund dafür kann in der ehemals mangelnden wirtschaftspolitischen Kompetenz der Realos um Joschka Fischer zu suchen sein. Ob sich an diesem Kurs etwas ändert, ist trotz des eher globalisierungskritischen Spitzenduos Renate Künast/Jürgen Trittin ungewiss. Gewiss ist aber die Wahl des ehemaligen Attac-Vordenkers Sven Giegold auf der Liste von Bundnis 90/Die Grünen ins Europaparlament ein zartes Pflänzchen der Hoffnung. MICHAEL HEINEN-ANDERS, Köln

Eine großartige Idee

■ betr.: „Als die Grünen Heuschrecken fütterten“, taz vom 5. 9. 09

Der taz-Faktencheck ist eine großartige Idee. Ich habe mich schon immer gefragt, warum selbst die besten Zeitungen solche Analysen viel zu selten bringen. Die taz kann jetzt einmal mehr Maßstäbe setzen. Natürlich nur, wenn der Faktencheck seriös und unvoreingenommen gegenüber allen Parteien ist – und nicht mit der Wahl endet! MIKA LATUSCHEK, Berlin

Ein Kriegsverbrechen

■ betr.: „Gemeingefährlich“, taz vom 7. 9. 09

Was in Kundus passiert ist, das ist ein Kriegsverbrechen! Wie kann man in dieser Situation zwei Kampfflugzeuge ordern, die zwei 500-Pfund-Bomben auf vollbeladene Tankwagen abwerfen?! Für jeden erfahrenen Bundeswehroffizier durfte es gar keine Frage sein, dass dies nur in einer Katastrophe enden konnte. In einer riesigen Explosion und einer Vielzahl ziviler Opfer. Ich seh’ schon kommen, dass in den nächsten Tagen davon gesprochen wird, dass die – nach der Nato-Untersuchung nicht mehr wegzuleugnenden – zivilen Opfer zum Schutz der Bundeswehrsoldaten in Kauf genommen werden mussten. Kollateralschäden halt!

KRISTIAN STEMMLER, Buchholz

Andere Wege zur Konfliktlösung

■ betr.: „Mitten im Krieg“, taz vom 5. 9. 09

Eigentlich müssten alle WählerInnen, die eine deutsche Beteiligung am Afghanistankrieg ablehnen, spätestens jetzt in Scharen zur Linken überlaufen! Wir stecken schon so tief drin im Schlamassel, dass ein militärischer Ausstieg mit einem „Gesichtsverlust“ verbunden wäre, den keine der bürgerlichen Parteien (inklusive Grüne!) zu riskieren bereit ist. Dabei wäre eine solche „Bündnisverpflichtungsverweigerung“ kein Zeichen von Drückebergerei, Feigheit oder Schwäche, sondern von Mut, von der Ehrlichkeit, Fehler einzugestehen und andere Wege zur Konfliktlösung auch wirklich rigoros zu gehen. SABINE MIEHE, Marburg

Wenn es so einfach wäre

■ betr.: „Zauberring gegen Qualm“, sonntaz vom 5. 9. 09

Nichts gegen diesen netten jungen Mann, aber wenn es so einfach wäre, die Abgasqualität in Benzin- und Dieselmotoren zu verbessern und gleichzeitig den Kraftstoffverbrauch zu senken, so wäre diese Lösung bestimmt schon umgesetzt worden. Bei der Verbrennung im Motor kommt es primär darauf an, Kraftstoff und Luft im optimalen Verhältnis zueinander zu mischen. Wird dem Motor durch eine Drossel die Luftzufuhr eingeschränkt, ohne gleichzeitig die eingespritzte Kraftstoffmenge zu reduzieren, so kann daraus nur eine Minderleistung und eine Erhöhung der schädlichen Abgasbestandteile resultieren. Ich halte es für eine Zumutung, einen solchen Quatsch überhaupt unkommentiert abzudrucken. ANDREAS BÖHRS, Bergisch Gladbach

Das Unwesen der Heulsusenmusik

■ betr.: „Die Matschmusik von Silbermond“, taz vom 4. 9. 09

Danke, danke und nochmals danke! Auf diese Schmäh-Kolumne der taz gegen das Unwesen der Heulsusenmusik, mit denen uns die Radiosender tagtäglich traktieren, habe ich schon seit mindestens zwei Jahren gewartet. THOMAS RIEBESEHL, Mainz