Umverteilung? Diesmal bitte von oben nach unten!

MEMO Die Bundesregierung führt die Politik fort, die in die Krise geführt hat, warnen Ökonomen

BERLIN taz | Die Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik bleibt ihrer Ausrichtung treu. In ihrem „Memorandum 2011: Strategien gegen Schuldenbremse, Exportwahn und Eurochaos“ erklärt sie die derzeitige „XXL-Boom“-Euphorie der Bundesregierung zu „durchsichtigem Zweckoptimismus“. Schließlich sei das aktuelle Wachstum – immerhin 0,9 Prozent im ersten Quartal – auf die gleiche starke Exportorientierung zurückzuführen, die die Wirtschaft 2009 um 4,7 Prozent hatte schrumpfen lassen. „Die Bundesregierung ist zu der gleichen Politik zurückgekehrt, die die Krise erst ermöglicht und heraufbeschworen hat“, sagte Heinz-Josef Bontrup, Professor an der Fachhochschule Gelsenkirchen. „Zu einer Umverteilung von unten nach oben.“

Symptomatisch dafür sind nicht nur die wachsende Zahl prekärer Jobs und erzwungener Teilzeitarbeit, sondern auch die stagnierenden Reallöhne in Deutschland. Die Bruttolohnquote sank zwischen 2000 und 2010 um 5,9 Prozent – 789 Milliarden Euro wurden von den Arbeitnehmerentgelten zu den Vermögenseinkommen umverteilt. Das beeinträchtigt nicht nur den privaten Konsum, auch dem Staat fehlen Milliardeneinnahmen, weil Vermögen in Deutschland nicht besteuert werden. Wenn aber Verbraucher und Staat ausfallen, bleibt als Wachstumsmotor der Export, bei dem wiederum nur dann Überschüsse zu erwirtschaften sind, wenn andere Länder Defizite einfahren – und damit Gefahr laufen, sich zu hoch zu verschulden.

Die Arbeitsgruppe fordert eine Rückverteilung von oben nach unten. Instrumente dazu wären Reallohnsteigerungen über dem Produktivitätsfortschritt – wobei der Staat als größter Arbeitgeber vorangehen müsse –, eine kollektive Arbeitszeitverkürzung sowie ein Ausbau des öffentlichen Beschäftigungssektors sowie mehr staatliche Investitionen. Umsonst wäre das alles nicht zu haben: Die Ökonomen veranschlagen jährlich rund 110 Milliarden Euro. Finanziert werden soll das durch Erhöhungen bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer, die Wiedereinführung der Vermögensteuer, höhere Erbschaft- und Schenkungsteuern sowie die Einführung einer Finanztransaktionsteuer. BEATE WILLMS

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