Hundert Kilometer bis zur Wüste

Rechts und links der Straßen, die vom Pekinger Flughafen ins Zentrum führen, wachsen Bäume, blühen Rosen. Alles wird regelmäßig gewässert. Bis weit in den Herbst hinein bleibt es grün.

Das alles ist schön – aber unvernünftig. In den zurückliegenden Jahrzehnten hat Nordchina immer wieder unter harten Trockenperioden gelitten. Experten sagen: Der Klimawandel wird diesen Trend noch verstärken.

Vor dreißig Jahren, als ich hierher kam, war die Stadt grau. Statt Rasen gab es beinhart gestampfte Erde, auch in den Parks. Nur die Kamele, die früher zum Stadtbild gehörten, waren verschwunden.

Das grüne Peking gehört zu den großen Widersprüchen in einer Stadt, in der Wasser extrem knapp ist und das wenige, das es gibt, durch Toxine verschmutzt wird, die von den Müllkippen sickern. Kommt hinzu, dass die Tianmo-Wüste nur etwa hundert Kilometer entfernt ist. Ihre wandernden Sanddünen bewegen sich auf die Stadt zu. Mit Baumpflanzungen und gewaltiger Technik versucht man den Vormarsch des Sandes zu stoppen.

Gleichzeitig ist der Wasserbedarf der Pekinger Bevölkerung, die sich seit 1980 verdoppelt hat, extrem gestiegen. Schon bald soll Wasser aus dem gut tausend Kilometer entfernten Jangtse in die Metropole gepumpt werden. Seit Jahren werden auch die Wasserreserven aus der Eiszeit angezapft, die sich nie wieder natürlich auffüllen.

Pekinger Umweltschützer fordern, wasser- und energiesparende Häuser zu bauen und die vielen Golfplätze zu schließen. Statt Rasen und Rosen sollten Wüstengräser und Kakteen gepflanzt werden. Mit Kamelen übrigens käme man jetzt auch wieder schneller durch den Feierabendverkehr als mit dem Auto. JUTTA LIETSCH