Genmais im Eiltempo

ERNÄHRUNG Richter verurteilen Kommission wegen der Verschleppung eines Antrags

BERLIN taz | Das Gericht der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg hat die Europäische Kommission verurteilt. Der Grund: sie habe die Zulassung eines gentechnisch veränderten Maises verschleppt. Die Kommission sei verpflichtet gewesen, den Antrag zur Zulassung der Maislinie 1507 des US-Herstellers Pioneer Hi-Bred den Mitgliedstaaten vorzulegen.

Die Grünen befürchten, dass die Kommission jetzt diese und weitere fünf Gentech-Pflanzen zulassen wird. „Da die EU-Kommission keine weiteren Klagen wegen ‚Verschleppung‘ von Zulassungen riskieren will, ist die Gefahr groß, dass Brüssel im Eiltempo den Anbau dieser Sorten freigibt“, erklärte der Bundestagsabgeordnete Harald Ebner. Schon kommendes Jahr könnten „wieder Gentech-Pflanzen auch auf deutschen Äckern wachsen“.

Gentech-Gegner argumentieren, dass die Risiken für Mensch und Natur nicht ausreichend untersucht worden seien. Der Pioneer-Mais produziert ein Gift, das bestimmte Insekten töten soll. Zudem ist er widerstandsfähig gegen das Unkrautvernichtungsmittel Glufosinat. Derzeit dürfen in der EU nur zwei Gentech-Pflanzen angebaut werden: ein Mais von Monsanto und eine Kartoffel von BASF. Der Mais wird aber fast nur in Spanien verwendet, die Kartoffel nirgendwo.

Der Pioneer-Mais wird trotz des Urteils wohl nicht sofort dazukommen. „Die Kommission kann Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen“, sagte ein Gerichtssprecher der taz. Dafür habe sie etwa zwei Monate Zeit. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) würde dann die Sache prüfen. Solche Verfahren dauerten im Schnitt 15 Monate. Bis dahin kann noch viel passieren. Die Amtszeit der derzeitigen Kommission läuft nur bis Oktober 2014. Und selbst wenn die Behörde am Ende eine Zulassung erteilt, könnten Mitgliedstaaten die Pflanze auf ihrem Gebiet per Ausnahmeregel verbieten.

Die Kommission überlegt derzeit ihrem Sprecher zufolge, wie sie auf das Urteil reagiert. Eine Welle neuer Anbauzulassungen sieht er nicht. Zwar sind noch mehrere Anträge nicht entschieden. Aber keiner ist so weit wie der 1507-Mais. JOST MAURIN