Kommentar zum Intersquat-Festival: Auch Besetzer bringen Geld

Berlin boomt - dank den Touristen. Dazu gehören auch die linken Aktivisten, die aus aller Welt zum Besetzerfestival kommen. Das sollte auch der Senat honorieren

Wie gut, dass wir die Touristen haben. Seit Jahren bricht Berlin einen Besucherrekord nach dem andern, und der Chef der Berlin Tourismus-Marketing GmbH, Burkhard Kieker, weiß, warum. Es sind die Clubs, Strandbars und Freiräume, die die Backpacker an Berlin so schätzen. Selbst CDU-Fraktionschef Frank Henkel kann sich dem Freiraumsog nicht entziehen und gestand der taz im Interview: "Natürlich gibt es Klubs, die in einer rechtlichen Grauzone arbeiten. Da sage ich: Man kann auch in einer solchen Bar wunderbar abhängen, chillen, sein Bier trinken."

Nun trifft sich die Freiraumszene, präziser formuliert, deren linker Aktivistenflügel, wieder in Berlin, und schon verlässt die Politiker das bisschen Mut, das sie gerade erst zu sich genommen haben. Die Polizei meldet Sicherheitsbedenken an, der Liegenschaftsfonds verweist auf den Finanzsenator, und der befindet sich mit der Henkel-CDU im Wahlkampf. Traurig ist das.

Dabei könnte es doch auch so gehen: Die Verwaltung drückt beide Augen zu, und Burkhard Kieker nimmt die Intersquat in den touristischen Kalender auf. Die Busenmesse Venus Berlin steht da schließlich auch drin.

Traurig ist aber auch, dass die Veranstalter der Reclaim-the-city-Szene artig erst zum Bezirksbürgermeister von Friedrichshain-Kreuzberg rennen, dann zum Chef des Liegenschaftsfonds - und nach der Absage die Unverlässlichkeit der Politik anprangern. Hallo, geht's noch? Wo bleibt die Besetzerehre?

So bleibt - vorerst - alles beim Alten. Die Besetzermesse wird sich symbolisch einen Ort nehmen, ein paar Flaschen fliegen, der Rest findet in den halblegalen Freiräumen statt. Vielleicht aber werden die Tourismuswerber der Polizeistatistik hinterher die eigene entgegenhalten. Auch ein Besetzer aus Barcelona lässt schließlich ein paar Euro in der Stadt - und trägt bei zum nächsten Besucherrekord.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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