Bankenskandal-Prozess: "Das ist ein Freispruch dritter Klasse"

Im Südwesten Berlins ist die CDU stark. Ist der Ex-Fraktionschef dort jetzt rehabilitiert?

Freigesprochen ist er, rehabilitiert aber nicht - so sieht man es in der CDU-Hochburg. Bild: dapd, Patrick Sinkel

Vor dem Kaffeehaus am Roseneck steht ein Mann mit abgewetztem Anorak und bietet Obachlosenzeitungen feil. Trotz der Kälte trägt er keine Handschuhe. Er hat kaum noch Zähne im Mund, seine Haut ist rot und rissig. Eine einzige Zeitung hat er in den letzten zwei Stunden verkauft. Viele Cafegäste, die im Warmen Cremetörtchen für 3,30 Euro löffeln, sind sonnengebräunt und tragen teure Markenkleidung. Das Roseneck befindet sich im feinen Südwesten Berlins, wo die CDU ihre Stammwählerschaft hat.

Wie denkt man dort über den Ausgang des Prozesses gegen Klaus Landowsky und Co? Ist der ehemalige CDU-Fraktionschef und Berlin-Hyp-Vorstand durch den Freispruch rehabiltiert? Mitnichten, finden zwei betagte Damen, die in Pelzmänteln aus der Konditorei kommen. "Das ist ein Verbrechen", empört sich die eine, die ihr Alter mit über 80 beziffert. Und ihre Begleiterin ergänzt: "Wir können uns auch nicht nehmen, was uns nicht gehört."

Ein Lehrer im Ruhestand in Outdoor-Look sieht das ähnlich. Die juristischen Feinheiten, warum Landowsky nicht belangt werden könne, vermöge er als Laie nicht nachzuvollziehen. "Das ist mir zu kompliziert". Aber sein Gefühl sage ihm: "Das ist eine Schweinerei". Immerhin sei Landowsky die Schlüsselfigur des Berliner Bankenskandals.

Ein dickbäuchiger Herr mittleren Alters im Lodenmantel bekennt offen, dass die CDU seine Partei ist. Er selbst sei in der Immobilien-Branche tätig. "Ich habe Vertrauen in unsere Justiz", betont der Mann. Trotzdem sei ihm bei dem Freispruch unwohl. "Ein Beigeschmack bleibt". Von den hohen Mietgarantien, die den Zeichnern des von der Berlin-Hyp-Tochter IGB aufgelegten Rundum-Sorglos-Fonds eingeräumt worden seien, habe "ein ganz spezieller Kreis profitiert". Dem Ruf der Immobilienbranche habe das sehr geschadet.

In der Fischerhütte am Schlachtensee sitzt ein pensonierter Informatiker draußen beim Bier und raucht. Landowsky rehabilitiert? "Niemals". Was die IGB gemacht habe, sei ungefähr so, wie wenn man einem Menschen garantiere, dass er noch 30 Jahre lebe. "So was ist absolut unlauter". Für ihn ist Landowskys Freispruch ein Freispruch dritter Kasse, sagt der Informatiker und erinnert an eine andere Schlüsselfigur des Bankenskandals: Den ehemaligen Geschäftsführer des Immobilienunternehmens Aubis, Christian Neuling. Dessen Prozess war im April 2006 wegen angeblicher Verhandlungsfähigkeit eingestellt worden. Ein paar Monate später lief Neuling beim Berlin-Marathon eine Zeit von 4 Stunden und 24 Minuten. "Ein System, das sowas erlaubt, muss verschärft werden", so der Informatiker.

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