Wahlkampfthema Fußball: Der Aufsteiger

Hertha BSC ist nächste Saison wieder erstklassig. Die Euphorie darüber wird auch Hertha-Fan Klaus Wowereit beflügeln. Grüne und Linke tun sich dagegen schwer mit dem Siegerthema Hertha.

Braucht den Schal nicht erst zu kaufen: Hertha-Fan Klaus Wowereit. Bild: reuters

Den 15. Mai wird sich Klaus Wowereit im Kalender blau-weiß angestrichen haben. An diesem Tag hat Hertha BSC gegen den FC Augsburg sein letztes Spiel in der Zweiten Bundesliga - und der Regierende Bürgermeister wird es sich nicht nehmen lassen, mit 76.000 Berlinerinnen und Berlinern im Olympiastadion zu feiern. Besseres könnte dem bekennenden Hertha-Fan Klaus Wowereit gar nicht passieren. Schließlich gilt auch in Berlin die alte Politikregel: Erfolgreiche Fußballteams machen erfolgreiche Politiker. Hätte Gerhard Schröder 2005 nicht unnötig Fahnenflucht begangen, wäre er nach dem Sommermärchen der Nationalmannschaft 2006 sicher Kanzler geblieben. Helmut Kohl wurde wiedergewählt, nachdem Deutschland 1990 den Weltmeistertitel geholt hatte. Und als das Nationalteam 1998 im Viertelfinale patzte, musste auch der Dauerkanzler kurz darauf gehen.

Klaus Wowereit, Hertha-Mitglied mit der Mitgliedsnummer 50, hatte in den vergangenen Jahren immer ein Gespür für das Gewinnerthema Fußball. Zuletzt war er im Frühjahr 2009 Dauergast im Olympiastadion - Hertha war damals Spitzenreiter der Bundesliga. Wie sehr er sich nach Glanz im Hauptstadtfußball sehnt, verriet er der Morgenpost vor dem Derby gegen den FC Union: "Ich werde den Traum, irgendwann auf dem Balkon des Roten Rathauses den Deutschen Meister Hertha BSC begrüßen zu können, nicht aufgeben."

Demgegenüber wirkt Wowereits Herausforderin Renate Künast wie eine fußballerische Spaßbremse. Die grünen Wahlkampfmanager werden es jedenfalls schwer haben, den 15. Mai auch im Kalender der Spitzenkandidatin anzustreichen. Und wenn, dann müssen sie ihr einen Nachhilfekurs verpassen. Als Künast 2001 Landwirtschaftsministerin wurde und vor 5.000 Landwirten ihren ersten Bauerntag absolvierte, sagte sie: "Das ist ja wie bei Hertha BSC in der Südkurve." Blöd nur, dass die treuesten aller treuen Herthafans in der Ostkurve singen.

Aber auch die Linke ist - trotz Ostpartei - von der Ostkurve so weit entfernt wie vom Wahlsieg am 18. September. Als ihr Wirtschaftssenator Harald Wolf in Adlershof offiziell zum Spitzenkandidaten gewählt wurde, wünschte seine Partei dem FC Union Erfolg beim Heimspiel gegen den FSV Frankfurt. Dass Wolf sich einmal im blau-weißen Schal im Olympiastadion blicken lässt, hält ein führender Genosse für unmöglich. "Den würden nicht mal zehn Pferde da hinbringen."

Natürlich weiß auch Wowereit, dass der Aufstieg alleine noch keinen Wahlsieg macht. Die Bundesligasaison beginnt im August. Nach ein paar Niederlagen könnte Hertha ganz unten stehen am Wahltag. Auch der Parteienforscher Gero Neugebauer hält den Zusammenhang von Fußball und Politik für übertrieben. "Demoskopisch ist da nichts erwiesen", sagt er der taz - und empfiehlt Wowereit, "lieber mal mit den Hertha-Fans ein Bier zu trinken".

Andererseits aber lassen sich machtpolitisch bewusste Politiker keine Gelegenheit entgehen, sich im Stadion zu zeigen - und manchmal sogar, wie Bundeskanzlerin Angela Merkel, in der Kabine der Nationalmannschaft.

Renate Künast könnte sich also an der Kanzlerin ein Beispiel nehmen. Sonst bleibt der Regierende fußballerisch vorn. Ohnehin hat er Hertha für die laufende Saison die Stadionmiete gestundet. Ohne diese Hilfe, ärgerte sich der FC Union, hätte Hertha zu Saisonbeginn seinen kolumbianischen Stürmerstar Adrion Ramos verkaufen müssen. Ramos hat bisher 13 Tore erzielt - ein Erfolgsmensch wie Klaus Wowereit.

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