FDP mit neuem Landesvorsitzenden: Die Kleinpartei redet sich schön und groß

Die FDP spricht beim Landesparteitag in Berlin von Geschlossenheit, wählt ihren neuen Chef Christoph Meyer aber nur mit 76 Prozent.

Christoph Meyer, der neue große Mann der Berliner FDP Bild: dpa

Schön reden kann man fast alles. Christoph Meyer, Berlins neuer FDP-Chef, konnte das an diesem Wochenende besonders gut. Dass ihn beim Landesparteitag nur 76 Prozent der Delegierten zum Vorsitzenden wählen mochten, ohne dass es einen Gegenkandidaten gab, war für Meyer kein Problem: "Ich bin ganz froh, dass die FDP in Berlin geschlossen ist, aber keine Kaderpartei." Die Parteifreunde in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen werden das nicht gern hören: Sie hatten jüngst ihre Landeschefs mit fast 98 und 95 Prozent gewählt.

Die vor der Wahl von Meyer und anderen beschworene Geschlossenheit der Partei war damit wieder passé. Zu sehr wirken offenbar noch die Auseinandersetzungen der Vorjahre nach. Da hatte ein Machtkampf zwischen dem früheren Fraktionschef Martin Lindner, jetzt im Bundestag, und dem Landeschef Markus Löning, der jetzt nicht mehr kandidierte, die Partei gespalten. Löning hatte in dieser Auseinandersetzung sein Bundestagsmandat verloren. "Ich habe Auseinandersetzungen mit gestaltet", sagte Meyer der taz, "da bleibt es nicht aus, dass man auch Gegenwind bekommt."

Weitere Sympathien verspielte Meyer, der seit einem Jahr bereits Fraktionschef im Abgeordnetenhaus ist, dem Vernehmen nach durch unpassend wirkende Worte über Löning. "Wie Du Dich in den letzten zehn Jahren entwickelt hast, ist wirklich unglaublich", sagte der 34-jährige Meyer in seiner Bewerbungsrede über den Endvierziger Löning. "Jüngelchen", zischte ein Parteitagsbesucher in Lönings Jahrgang daraufhin vor den Pressebänken.

Gegenüber möglichen zukünftigen Koalitionspartnern gab Meyer den starken Mann. Die Grünen sieht er in ihrem Spagat zwischen Rot-Rot-Grün und Jamaica in der Beliebigkeit verschwinden. Die CDU wiederum ist für ihn "damit beschäftigt, bürgerliche Kernthemen aufzugeben und sich den Grünen anzubiedern." Auch wenn man mit der Union koalieren wolle - "einen Maulkorb werden wir uns nicht verpassen", sagte Meyer vor Journalisten.

Der scheidende Vorsitzende Löning spielte in seiner Rede nur einmal verhalten auf die Grabenkämpfe mit Lindner an. Eine große Abrechnung blieb aus. Das könnte daran liegen, dass Löning eine gewisse Entschädigung bekommen hat: Er soll Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung werden.

In der Fähigkeit, Dinge schön zu reden, stand Löning Meyer um nichts nach. "Wir sind wieder da, wir sind wieder wer in dieser Stadt", bilanzierte er. Das hätte im Sommer 2009 gepasst, als die Berliner FDP in Meinungsumfragen bei zwölf Prozent lag. Gegenwärtig aber müsste sie um den Wiedereinzug ins Abgeordnetenhaus bangen: Nur fünf Prozent erreichten sie im Februar in einer Umfrage, sechs waren es Anfang März.

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