Verkehrsbetriebe: Eine Frau soll ans Steuer

Die Frauen in SPD und Linkspartei haben sich durchgesetzt: Die Verkehrsbetriebe bekommt eine Chefin. Bis dahin war viel Druck notwendig. Die Geschichte eines Erfolges.

Die BVG ist bisher fest in männlicher Hand Bild: Franka Bruns/AP

Die BVG wird bald von einer Frau gesteuert: Die Managerin Sigrid Nikutta soll am 1. November von der Bahn-Tochter DB Schenker Rail zu den Verkehrsbetrieben wechseln, bestätigte der BVG-Aufsichtsratsvorsitzende und Finanzsenator Ulrich Nußbaum. Dies ist nicht nur ein Erfolg für Nikutta, sondern auch für die Frauen in SPD und Linkspartei, die sich vehement für einen höheren Anteil an weiblichen Führungskräften in landeseigenen Unternehmen eingesetzt haben.

Im vergangenen Jahr hatte sich in der Koalition der Konflikt um die Gleichberechtigung von Frauen zugespitzt. Der Aufsichtsrat der BVG hatte unter der Leitung seines damaligen Vorsitzenden, Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD), den hausinternen Bewerber Henrik Falk zum Finanzvorstand des Unternehmens berufen - und zwar, ohne die Stelle vorher öffentlich auszuschreiben. Dabei hatte das Parlament eine solche Pflicht zur Ausschreibung im Berliner Betriebegesetz verankert, damit auch Frauen eine Chance haben, sich auf die Posten zu bewerben. Frauensenator Harald Wolf (Linke) war aber der Ansicht, die Gesetzesänderung sei wegen eines Formfehlers nicht gültig - daher müsse die BVG sich nicht daran halten.

Im Mai 2009 wechselte Canan Bayram, bis dahin frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, die Partei. Sie trat bei den Grünen ein und begründete das unter anderem mit der aus ihrer Sicht unzureichenden Frauenpolitik: "Hier wurden eindeutig gesetzliche Regelungen missachtet." Die rot-rote Koalition hatte im Abgeordnetenhaus nun nur noch eine Mehrheit von einer einzigen Stimme - der Senat stand nun direkt am Rande des Abgrunds.

Zu den lautesten Kritikern in der Koalition wurden die SPD-Frauen. Sie nervten die Herren im Senat und an der Parteispitze mit Parteitagsanträgen und einem neuen Gesetzentwurf. Sie zogen die Daumenschrauben so lange an, bis klar war: Der Senat muss Gleichberechtigung stärker beachten. Er muss auch gezielt nach qualifizierten Frauen Ausschau halten, wenn es Posten zu besetzen gilt.

Und es gibt auch erste sichtbare Ergebnisse: Der Landesrechnungshof wird seit Dezember von Marion Claßen-Beblo geleitet, die zuvor Vizepräsidentin des Kammergerichts war. Der Vorstandsvorsitz bei der BVG wurde nicht nur per Zeitung ausgeschrieben, sondern - vielleicht etwas übereifrig - selbst auf www.arbeitsagentur.de. Und jetzt soll auch die BVG eine Chefin bekommen - immerhin sind die Verkehrsbetriebe Euopas zweitgrößtes Nahverkehrsunternehmen.

Die 41-jährige Nikutta hat in Bielefeld und München Psychologie, Wirtschaft und Pädagogik studiert. Endgültig entschieden wird die Personalie, wenn der Aufsichtsrat der BVG Ende des Monats tagt - außer Nikutta steht allerdings niemand zur Wahl. Sie soll neben dem Vorstandsvorsitz auch für den Bereich Betrieb zuständig sein, also für U-Bahnen, Straßenbahnen und Busse. Die anderen Vorstandsmitglieder sind für Finanzen und Personal zuständig.

Ihren Vorgänger Andreas Sturmowski wird Nikutta allerdings enttäuschen müssen. In ihrer Doktorarbeit hatte sie die Selbsteinschätzung von älteren Führungskräften im oberen Management untersucht und war unter anderem zu dem Ergebnis gekommen: "Die Wertschätzung des Unternehmens für die erbrachten Leistungen und für das Engagement beim Wechsel in den Ruhestand zu erleben, ist der omnipräsente Wunsch aller Führungskräfte." Sturmowski aber scheidet nicht in Würde aus dem Unternehmen: Sein Vertrag wurde nicht verlängert. Der Grund dafür: Der Umzug der Unternehmenszentrale wurde deutlich teurer als zunächst angekündigt, wegen eines Geschäfts im Zusammenhang mit riskanten, grenzüberschreitenden Finanzspekulationen drohen weitere Verluste.

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