STADTBÄREN: Freiheit für Maxi und Schnute?

Tierschützer und Senat feiern die Rettung der Bären aus dem Betonzwinger hinter dem Märkischen Museum. Der Bezirk Mitte aber dementiert die Umsiedlung.

Diesen Bären geht es besser: Mai mit ihren Jungen in einem Wildpark bei München. Bild: AP

Für Schnute und Maxi wäre es das bärigste Paradies auf Erden: Die beiden Bärinnen könnten auf Bäume klettern, in Teichen planschen und hätten das erste Mal in ihrem Leben Naturboden unter ihren großen Tatzen. Statt auf 480 Quadratmetern Betonfläche könnten sich die Stadtmaskottchen in einem 13 Hektar großen Wald austoben. Am Dienstag hatte die BZ die Rettung der Bären aus dem Betongehege hinter dem Märkischen Museum gemeldet und für Herbst deren Umzug in den Müritzer Bärenwald angekündigt. Während Tierschützer und die Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz am Dienstag die Befreiung der Bären feierten, hielt man sich im Bezirk Mitte zurück: "Eine Entscheidung über die Ausquartierung wurde bislang nicht getroffen", heißt es in einer Pressemitteilung.

Ihr gesamtes irdisches Dasein fristen die 29-jährige Schnute und ihre 24-jährige Bärentochter Maxi in dem städtischen Zwinger. Sie werden einer Bärentradition geopfert, der die Hauptstadt bereits seit mehr als 700 Jahren frönt. Aus dem 13. Jahrhundert stammt das älteste bekannte Stadtsiegel, das zwei Bären als Wappentiere darstellt. Auf Geheiß des Nazi-Bürgermeisters Julius Lippert wurde das Gehege 1939 errichtet, und vier lebendige Wappentiere zogen als Attraktion dort ein.

Heute lockt das Bärenhaus fast nur noch Kritiker an. Der Tierschutzbeauftragte des Senats, Klaus Lüdcke, hat sich in den vergangenen Jahren immer wieder für eine Umsiedlung der Bären aus dem zu kleinen Gehege ausgesprochen. Zu klein und zu naturfern, kritisiert auch der Tierschutzverein Animal Public. Und freut sich über die angeblich schon beschlossene Umsiedlung. "Wir sind glücklich, dass das triste Dasein von Schnute und Maxi in dem veralteten Zwinger bald ein Ende hat", sagte Sprecherin Laura Zimprich am Dienstag.

Der Bärenwald in Stuer in Mecklenburg-Vorpommern 120 Kilometer nördlich von Berlin bietet derzeit zehn Braunbären ein artgerechtes Zuhause. Das Areal liegt in einem waldreichen, hügeligen Gelände am Ostufer des Plauer Sees und wurde 2006 von der Hamburger Tierschutzstiftung Vier Pfoten eröffnet. Die mit einem Sicherheitszaun begrenzte Anlage wird über Spenden finanziert.

Die Stiftung nimmt Bären auf, die in privaten Gehegen, Tierparks oder bei Schaustellern in Zirkussen nicht artgerecht gehalten werden. Tierschützer glauben, dass in Deutschland 60 Braunbären nicht richtig gehalten werden. (ddp)

Zuständig für das Bärengehege ist der Bezirk Mitte, der auch die jährlichen Kosten von 60.000 Euro trägt. Doch Bezirksbürgermeister Christian Hanke (SPD) weilt im Urlaub, sein Stellvertreter ist vormittags durch eine wichtige Sitzung verhindert, am Nachmittag ist er für Bären nicht mehr zuständig.

Die Senatsverwaltung für Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz scheint mehr zu wissen "Die Entscheidung im Bezirk ist gefallen, und wir begrüßen das sehr, da die Bären in dem Bärenwald artgerechter gehalten werden können als hier in der Stadt", sagte eine Sprecherin. Da weiß die Senatsverwaltung mehr als der Tierschutzverein Vier Pfoten, der den Bärenwald Müritz in Mecklenburg-Vorpommern betreibt. "Wir haben Berlin ein Angebot zur Umsiedlung der Bären unterbreitet, die Verhandlungen laufen", sagte deren Sprecherin Susanne Groth.

Die Berliner Bärenfreunde, Befürworter des städtischen Geheges, waren am Dienstag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Dietmar Junge, ein Gehegeverfechter aus dem Umfeld des Vereins vermutet, dass Tierschützer der Presse einen sprichwörtlichen Bären aufbinden wollten. "So einen Sommerlochwitz gab es schon öfter, und nie war etwas dran", sagte er der taz. Junge ist klar gegen eine Umsiedlung der Bären: "Einen alten Baum verpflanzt man nicht und so alte Bären auch nicht."

Am späten Dienstagnachmittag kam dann doch noch eine Nachricht vom Bezirk: Der grüne Sozialstadtrat Stephan von Dassel erklärte, dass die Gespräche zwischen dem Tierschutzbeauftragten Klaus Lüdcke und dem Bezirksamt "ergebnisoffen" waren und im Herbst fortgesetzt werden. So werden die Bärinnen wohl noch ein paar Wochen auf dem sonnenheißen Beton braten müssen.

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