Schnupperstudium für Schüler: Neugieriger Nachwuchs drängt in den Hörsaal

Bei "Studieren ab 16" können Schüler regelmäßig an Lehrveranstaltungen der TU teilnehmen. Ein Genie muss man nicht sein, solange man nur Interesse mitbringt. Zwei Jungen, die es probiert haben, sind begeistert

Beim Schulunterricht fallen schlafende Schüler schnell auf, in einem großen Hörsaal kann man dagegen ungestört durchratzen. Bild: MC Quinn/CreativeCommons BY 2.0 US

Wenn Karl Freikamp anfängt über das alte Ägypten zu reden, blitzen seine Augen hinter den großen Brillengläsern. "Ständig werden neue Sachen ausgegraben, verändert sich der Blick auf die Geschichte. Das beachten die Lehrer in der Schule nicht." Zum Glück muss sich der blonde Junge in seinem Wissensdrang nicht auf die Schule beschränken: Im zarten Alter von 15 Jahren absolvierte er im Februar sein erstes Testat an der Technischen Universität (TU) in Wissenschaftsgeschichte. Glücklich zeigt er den dazugehörigen Schein mit der Note 1,0. Karl hat zwei Klassen übersprungen und besucht bereits die Oberstufe. Deshalb konnte er trotz seiner Jugend im vergangenen Semester bei "Studieren ab 16" teilnehmen.

Technische Universität Berlin: Studieren ab 16

Das Schülerprojekt an der TU ermöglicht wissbegierigem Nachwuchs aus Berlin und dem Umland den frühzeitigen Hörsaalaufenthalt. Rund 50 Jugendliche schnupperten im vergangenen Wintersemester regelmäßig Universitätsluft. Angeboten werden Lehrveranstaltungen, die in den ersten Semestern fast aller ingenieur- und naturwissenschaftlichen Studiengänge vorkommen. Dazu zählen "Einführung in die Physik" oder "Konstruktionslehre". Einsen in der Schule sind keine Voraussetzung zur Teilnahme. "Man sollte motiviert und interessiert sein", erklärt Karl. Wichtig ist, dass Lehrer und Eltern einverstanden sind - zumal manche Vorlesungen in der Schulzeit liegen.

Bei Bangin Brim gab es da keine Probleme. "Lernen fiel mir schon immer leicht. Deswegen wollte ich es probieren", sagt der 16-Jährige. Drei Schulstunden pro Woche opferte er für die Vorlesung "Anorganische und organische Chemie". Dabei sieht er gar nicht wie ein "nerd" aus. Sein breites Lächeln zeigt er häufig, während er über komplizierte Reaktionsgleichungen redet. Die muss er - neben den Schulaufgaben - für die Vorlesung aufstellen. Schulnoten und Freunde hätten unter dem zusätzlichen Zeitaufwand nicht gelitten, sagt er. "Ich hatte trotzdem noch genügend Zeit." Beim Schülerstudium gehe es sowieso nicht um bestanden oder durchgefallen. "In der Uni ist selbstständiges Arbeiten angesagt. Ich habe mich ein ganzes Stück weiterentwickelt." Der Zwölftklässler geht zur Schüler-Uni, weil er sich schon jetzt orientieren will. "So verliere ich später keine Zeit." Im nächsten Semester möchte er die Mathematik für sich entdecken.

Karl hat da schon konkretere Ziele. Er will Ägyptologie studieren und kann sich das Testat in Wissenschaftsgeschichte anerkennen lassen. Bereits jetzt fiebert er dem Studentenleben entgegen. "Hier wird tiefgreifend Wissen vermittelt und auf neueste Forschungsergebnisse eingegangen. Man kratzt nicht nur so an der Oberfläche", sagt er. Und noch einen Pluspunkt gibt es: das Mensaessen. "Das ist viel besser als in der Schulcafeteria."

Alle Schüler, denen der Schulstoff nicht zu schwer im Magen liegt, können sich bis 1. April für das Sommersemester an der Technischen Universität anmelden.

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