Nachfolger des Polizeipräsidenten: Polizei hat Neuen-Ärger

Innensenator Körting will den Ex-BGS-Mann Udo Hansen zum Nachfolger von Dieter Glietsch ernennen. Hansen gilt als Hardliner, die Linke meldet Vorbehalte an.

Kein Grund zur Zufriedenheit: Innensenator Körting und Noch-Polizeipräsident Glietsch (r.). Bild: dpa

Der Mann, den die SPD zu Berlins neuem Polizeipräsidenten küren will, heißt Udo Hansen und hat eine schillernde Vita: Er ist studierter Musiker, ausgebildeter Kriminalbeamter, war Angehöriger der Polizeielitetruppe GSG 9, Leiter des Bundesgrenzschutzes Frankfurt/Main, Präsident des Bundesgrenzschutzes Ost und Berater einer Sicherheitsfirma in Saudi-Arabien. Aber nun steht der 58-jährige Vorruheständler mit dem Ruf eines Hardliners vor dem Comeback. Am 1. Juni könnte er den scheidenden Polizeipräsidenten Dieter Glietsch beerben.

Nur zwei Dinge stehen Hansens Ernennung noch im Weg: die Linkspartei, die ihn überhaupt nicht will. Und Mitbewerber, die gegen ihre Ablehnung möglicherweise klagen wollen.

Der Posten war im Dezember bundesweit ausgeschrieben worden. Aus gut unterrichteten Kreisen verlautet, auch Innensenator Ehrhart Körting (SPD) habe zunächst Vorbehalte gegen Hansen gehabt. Hansen sei aber der Bewerber, der die besten Voraussetzungen mitbringe. Er hat ein SPD-Parteibuch und ist Mitglied der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Körtings Sinneswandel erklären sich Insider so, dass der Innensenator sich frühzeitig festgelegt hatte, beim Abgang von Glietsch einen Nachfolger zu präsentieren. Grüne und CDU hatten gefordert, die Stelle erst nach der Abgeordnetenhauswahl im September zu vergeben. Solchen Forderungen wegen der schlechten Bewerberlage nachzugeben, würde von der SPD als Gesichtsverlust empfunden. Dass über Hansen in den Medien Negatives kolportiert werde, sei "Stimmungsmache aus Wahlkampfgründen", sagt der innenpolitische Sprecher der SPD, Thomas Kleineidam. "Ich verlasse mich da ganz auf meinen Senator."

Ein Fall aus Hansens Zeit als Leiter beim Bundesgrenzschutz in Frankfurt/Main taucht in Presseberichten immer wieder auf: 1999 war ein 30-jähriger sudanesischer Asylbewerber bei seiner Abschiebung im Flugzeug qualvoll erstickt, nachdem er von drei BGS-Beamten mit Seilen und Plastikfesseln am Flugzeugsitz fixiert worden war. Bei dem späteren Gerichtsprozess im Herbst 2004 hatte Hansen - der Chef der Beamten - als Zeuge bekundet, seine Männer seien ausreichend ausgebildet. Beim Umgang mit Abschiebehäftlingen reichten Grundkenntnisse. Der Richter warf Hansen später Ignoranz und Inkompetenz vor. "Abu Ghraib lässt grüßen", sagte er bei der Urteilsverkündung.

Als der Prozess stattfand, war Hansen schon Leiter des Grenzschutzpräsidiums Ost. Nach der 2008 beschlossenen Reform der Bundespolizei wurde er von CDU-Innenminister Wolfgang Schäuble in den Ruhestand versetzt. Wegen seines SPD-Parteibuchs sei er von der CDU bei der Bundespolizei nicht befördert worden, sagen frühere Kollegen. Fachlich sei Hansen "top", seine Qualitäten lägen im Qualitätsmanagement. Menschlich sei er aber ein wenig kühl.

Die innenpolitische Sprecherin der Linkspartei, Marion Seelig, sagte der taz, ihre Fraktion habe große Bedenken gegen Hansens Ernennung. Man sei mit Körting im Gespräch darüber. Allerdings habe man im Senat kein Vetorecht. Der innenpolitische Experte der Grünen, Benedikt Lux, sagte, Hansen bekomme "eine faire Chance". "Für mich ist er ein unbeschriebenes Blatt."

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