Rekommunalisierung beim Wasser: Wirtschaft will nichts verwässern

Die IHK lässt in einer Studie feststellen, dass ein Rückkauf der Wasserbetriebe die Preise nicht senken würde. Kritik vom Senator

Im Streit um die Zukunft der Wasserversorgung macht die Industrie- und Handelskammer (IHK) gegen einen Rückkauf der Wasserbetriebe mobil. Sie beauftragte die Humboldt-Universität (HU) mit einer Studie, die zu dem Ergebnis kam: Eine Rekommunalisierung der 1999 teilprivatisierten Berliner Wasserbetriebe (BWB) würde kaum zu niedrigeren Wasserpreisen für die Verbraucher führen. Ein Rückkauf mit dem Ziel niedrigerer Preise wäre folglich eine "finanzpolitische Irrfahrt ohne Rückfahrschein", sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Jan Eder am Donnerstag bei der Vorstellung der Studie. Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) kritisierte die Ergebnisse der Studie als irreführend.

Knapp die Hälfte der BWB-Anteile gehört Veolia und RWE. Seit der Offenlegung der Verträge wird über einen Rückkauf diskutiert. Ein Team um den Ökonomen Joachim Schwalbach hat nun betriebswirtschaftlich einen Unternehmenswert errechnet, der "realistisch anzunehmend" bei 2,25 Milliarden Euro liegt. Diesen zugrunde gelegt, würden die Wasserpreise je nach Szenario um maximal 1,8 Prozent sinken. Eder sprach von 1,19 Euro jährlich pro Berliner, gleichzeitig steige die Pro-Kopf-Verschuldung um 652 Euro. Schließlich müssten über Jahrzehnte Kredit und Zinsen getilgt werden.

Fraglich ist indes, ob sich der Firmenwert tatsächlich auf diese Weise berechnen lässt - ein Rückkauf würde ja politisch verhandelt. Auch Senator Wolf erklärte, der Kaufpreis sei viel zu hoch angesetzt, man gehe von einer deutlich niedrigeren Gewinnerwartung des Unternehmens aus. Wolf verwies zudem auf das laufende Verfahren des Bundeskartellamts. Sollte es die Wasserpreise als zu hoch beurteilen, was wahrscheinlich ist, sinken Firmenwert und künftige Gewinne.

Die IHK vertraut gleichwohl auf die Rechnung der HU-Experten und forderte erneut, das Land solle auf den Rückkauf verzichten. Stattdessen solle es das Grundwasserentnahmeentgelt streichen und so die BürgerInnen entlasten. "Aus sachlichen Gründen braucht es das nicht mehr", argumentierte Eder. Das Grundwasserentgelt beeinflusst den Preis für Frischwasser, der für Abwasser bleibt unberührt. Ungelöst blieb der Widerspruch, dass die IHK einerseits gegen eine weitere Verschuldung des Landeshaushalts ist und andererseits den Senat zum Einnahmeverzicht auffordert. "Das ist ein Dilemma", sagte Eder.

In der Studie wird Senator Wolf zudem wegen seines Aufsichtsratsvorsitzes scharf angegriffen. Er stehe in einem Interessenkonflikt zwischen seiner Rolle als Bürgervertreter und Handelnder für das Unternehmenswohl, sagte Schwalbach.

Die CDU-Fraktion sah sich durch die Studie grundsätzlich in ihrer Haltung zur Rekommunalisierung bestätigt und forderte Wolf zum Rücktritt als BWB-Aufsichtsratschef auf. Der Senator konterte, es gebe keine Interessenkollision: "Einem Politiker und Senator ist unbenommen, Kritik an der Teilprivatisierung und ihren preistreibenden Folgen zu üben." KRISTINA PEZZEI

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