Der Zelig des deutschen Indie-Rock

MUSIK Max Schröder hat unter eigenem Namen eine Platte gemacht. Sie klingt, wie ein Vater vom Prenzlauer Berg klingen sollte – also prima!

Amüsant setzt sich Schröder mit den Rollenanforderungen an Männer auseinander

VON THOMAS WINKLER

Sie kennen Max Schröder. Doch wirklich. Nämlich dann, wenn Sie unlängst „Ina’s Nacht“ gesehen haben: Er war der stoische Typ hinterm Schlagzeug beim Auftritt der Soul-Hoffnung Leslie Clio. Oder falls Sie Fan von Tomte sind: Er war der bärtige Kerl, der bei jeder Tournee an einem neuen Instrument herumzuhantieren schien. Sollten Sie womöglich ein Freund der Späße sein, die Olli Schulz zu reißen pflegt: Die waren früher noch besser, als er auf der Bühne noch seinen Dialogpartner Der Hund Marie hatte, der eigentlich Max Schröder hieß. Und sofern Sie sich jemals gefragt haben, wer der verdammt gut aussehende Mann ist, der bisweilen an der Seite von Heike Makatsch auftaucht: Das ist natürlich auch Max Schröder.

Max Schröder war also schon sehr Vieles. Nur eines war er bislang eher nicht: Max Schröder. Vor dieser Aufgabe steht der 39-Jährige nun aber. Denn „Max Schröder & das Love“ ist ein ganz wunderbares Album geworden, voller herzerweichend rumpelnder Beinahe-Hits und mit der großen Gefahr, dass Max Schröder nicht bloß als der Mann im Hintergrund, sondern womöglich endlich als Max Schröder bekannt wird. Es ist zwar nicht sein erster Auftritt als Solist, aber der erste unter eigenem Namen. Und, noch viel wichtiger: Der erste, der Schröder die Chance gibt, nicht vollkommen unterzugehen.

Der Wahlberliner hat schon einmal ein eigenes Album aufgenommen. „Hooligans & Tiny Hands“ erschien 2006 unter seinem Olli-Schulz-Sidekick-Pseudonym Der Hund Marie. Ein gutes Album. Aber ansonsten machte Schröder nicht viel richtig: Er gab keine Interviews, ging nicht auf Tour und verwendete auch sonst große Mühe darauf, dass die vielen schönen Songs weitgehend ungehört verklangen.

Schon lange im Geschäft

Weil Schröder schon lange im Geschäft ist – nämlich schon seit er in den Achtziger Jahren in verschiedenen Punk- und Hardcore-Bands Gitarre gespielt und gesungen hat, also lange genug, um es besser zu wissen – darf man getrost unterstellen, dass es Absicht war, zwar mal eine Platte zu machen, aber von der damit verbundenen möglichen Bekanntheit möglichst unbehelligt zu bleiben. Mit diesem Talent schummelt er sich nun schon seit gefühlten Ewigkeiten als Zelig des deutschen Indie-Rocks durch die deutsche Musiklandschaft. Neben Tomte spielte er bereits für den Ex-Rival-Schools-Frontmann Walter Schreifels, für Bernadette La Hengst und in der Hansen Band um Schauspieler Jürgen Vogel, die nach dem Fake-Dokumentarfilm „Keine Lieder über Liebe“, an deren Set er Makatsch kennenlernte, auf Tour ging. Und momentan arbeitet er nicht nur als Tour-Drummer bei Leslie Clio, sondern nimmt mit Tele-Sänger Francesco Wilking und dem Singer/Songwriter Moritz Krämer das von manchen sehnsüchtig erwartete erste Album der All-Star-Band Die Höchste Eisenbahn auf.

So halb aus dem Hintergrund trat der gebürtige Hamburger aber nur vor vier Jahren, als er zusammen mit Makatsch ein recht erfolgreiches Album herausbrachte, auf dem das Paar, das zwei Kinder hat, Kinderlied-Klassiker neu interpretierte. Auch auf „Max Schröder & das Love“ hat das Familienleben Spuren hinterlassen: Die Rassel, die Schröder auf dem Coverbild leicht verschämt in Händen hält, hat er aus dem Kinderzimmer entführt und bei den Aufnahmen eingesetzt.

Auch ansonsten klingt „Max Schröder & das Love“, das der Multiinstrumentalist nahezu im Alleingang einspielte, wie das Album, das ein Vater vom Prenzlauer Berg einspielen musste. Über gemütlich hoppelnden Rhythmen singt Schröder im Seebärenbass zwar davon, dass er beileibe „kein moderner Mann“ sei, und verachtet auch ausgiebig die ihn umgebende Milchschaumkultur. Aber eigentlich singt hier, nicht nur, weil der bärige Bass dann doch immer wieder unsicher bricht, der nette Typ, der seine Kinder morgens in die Kita bringt, nachmittags geduldig aus dem Sandkastensand wühlt, sich abends zum Elternsprecher wählen lässt, nachts noch der Mutter als „Das allerschönste Mädchen der Welt“ huldigt und sich im Halbschlaf Gedanken darüber macht, ob das alles auch so okay ist.

Das könnte anstrengend werden – ist es aber ganz und gar nicht. So amüsant und nur manchmal leicht verzweifelt setzt sich Schröder mit den Rollenanforderungen an die Männer in Zeiten wie diesen auseinander, dass seine Songs am Ende immer noch Pop bleiben. Denn damit kennt sich Schröder aus, zitiert mal Tom Waits und dann Girl Groups aus den Sechzigern, wackelt durch Country und scheut auch nicht vor den eher billigen Tricks der Beatles zurück, denn die funktionieren immer.

Ja, doch, Sie sollten ihn unbedingt endlich mal kennenlernen, diesen Max Schröder.

■ „Max Schröder & das Love“ (Meekalonious Pip/Rough Trade)