Dieser ewige Wellengang der Sehnsucht

KONZERT La Luz betörten mit kalifornischer Surfmusik im Monarch

Kleine Choreografie: Hände zu den Sternen, allgemeiner Hüftschwung

Vielleicht sieht so das Glück aus: ewiger Wellengang, das Grundrauschen des Pazifiks, eine Strandhütte und ein Häuschen. Irgendwas halbwegs Annehmbares, was ein bisschen Geld bringt. Und ein Club in der Nähe, wo am Wochenende immer eine Surfband spielt. Ein Wellengang des Verliebtseins, dieses Hoch und Runter, das im Rhythmus der Gezeiten liegt – und das alles ohne den ganzen anderen Quatsch, mit dem man sich im Alltag sonst so herumschlagen muss. Außer man ist gleich Raymond Chandler.

Wobei La Luz, die vier Frauen um Sängerin und Gitarristin Shana Cleveland, am Donnerstagabend im Monarch schon zeigten, was der Unterschied ist. Sie verstanden es mit ihren schummrig-vertrackten Stücken, dem vermeintlich auserzählten goldenen Jahrfünft zwischen ungefähr 1960 und 1965 noch eine eigene Note abzugewinnen. Die Damen aus Seattle produzierten – obschon Cleveland etwas Mühe mit ihrer Stimme hatte an diesem Abend, was am Sound gelegen haben könnte – eine Sehnsucht, die sie an Ort und Stelle befriedigten. Musikalisch, meine ich. Denn Surf ist Sehnsuchtsmusik.

Und la luz ist Spanisch für das Licht, es gibt wohl auch ein Restaurant dieses Namens in Berlin, das allerdings nur wenig mit Surf zu tun hat. Der Monarch indes ist bekannt fürs Verruchte, wobei hier oft nur das a fehlt. Die Bierpreise sind auch gestiegen. La Luz hätten es verdient, noch einmal in einem etwas geräumigeren Rahmen zu spielen, mit einer besseren Anlage. Aber auch so, oder vielleicht gerade so, gab die Band ein begeisterndes Konzert, lieferte eine perfekte Einstimmung zu weiteren Räuschen. Und das Publikum war durchaus jung.

Alice Sandahl spielte eine schön dröhnende Orgel, das Schlagzeug von Marian Li Pino klang tatsächlich akzentuierter als auf Platte, und Abbey Blackwell spielte den Bass, auch ohne den Bassgitarrenhals auf- und abzuschwingen; dafür hatte sich die Band andere kleine, nun ja, Choreografien ausgedacht: Hände zu den Sternen, allgemeiner Hüftschwung nach links, dann nach rechts, und dazu immer der coole Schlafzimmerblick von Shana Cleveland mit ihren Achtziger-Jahre-Exotikohrringen, die so groß waren wie Armreife und mit denen sie auch prima als Hintergrundsängerin bei den Coconuts von Kid Creole anheuern könnte.

„Call me in the day / before the sun goes down“, singt sie in ihrem besten Stück. Denn später hebt sie nicht mehr ab. Aber das dürfte kein Problem sein. Ihre Nummer steht bestimmt im örtlichen Telefonbuch. Unser kalifornisches Städtchen mit den Strandhütten, den Palmen und dem ewigen Wellengang der Sehnsucht ist ja nicht so groß. RENÉ HAMANN