Der brasilianische Brecht

Es ist ein Fragment geblieben, der „Untergang des Egoisten Johann Fatzer“, mit dem sich Bertolt Brecht in den Zwanziger Jahren mühte: Darin geht es um vier Soldaten, Deserteure, die aus dem Ersten Weltkrieg ausgestiegen sind und sich in Mülheim an der Ruhr verstecken. Dort warten sie auf eine Revolte gegen den Krieg, die nicht kommen will, während sich die Gruppe in ihrer revolutionären Hoffnung gegenseitig zerfleischt. Was man schon als einen Brecht’schen Vorgriff auf die Stadtguerilla und die RAF in den Siebzigern lesen kann. Mit diesem Fatzer-Fragment ist nun das geschichtsbewusste Performancekollektiv andcompany&Co. nach Brasilien gegangen, um über die Verfremdungshürden Ruhrgebiet–São Paulo, Erster Weltkrieg–Stadtguerilla und revolutionäre Bewegung–Reformregierung zu einem anderen, tropikalischen Brecht zu kommen. Deswegen präsentiert sich der gemeinsam mit vier Mitstreitern aus brasilianischen Aktions- und Theatergruppen erarbeitete „FatzerBraz“ dann auch zweisprachig, auf Deutsch und Portugiesisch, das Deutsch untertitelt wird, ab heute bis Samstag bei der Deutschlandpremiere in HAU 3. TM

■ „FatzerBraz“: HAU 3, Tempelhofer Ufer 10. Mittwoch bis Samstag, 20 Uhr. 11/7 €