Aktion "Licht aus!": Energiefirmen warnen vor Blackout

Bei großer Resonanz auf die "Bild"-Klimaaktion am Samstag könnte die Stromversorgung zusammenbrechen. Schalten zehn Millionen Haushalte 300 Watt ab, wird es kritisch.

Am Ende könnte es am Samstag "Licht aus für alle" heißen Bild: dpa

Wissenschaftler halten einen Zusammenbruch des Stromnetzes am Samstagabend für möglich. Sollte die geplante Klimaschutzaktion "Licht aus! Für unser Klima" auf große Resonanz stoßen, könnte sie das Netz so sehr destabilisieren, dass es am Ende heißt "Licht aus für alle".

Für Samstagabend hat die "Bild"-Zeitung zusammen mit den Ökos von Greenpeace, BUND und dem WWF zur "Licht aus"-Aktion aufgerufen. Die taz findet: Es spricht nichts dagegen, wenn am Samstag um 20 Uhr für fünf Minuten das Licht ausgeschaltet wird. Aber: Das reicht nicht. Darum unterstützt die taz die Aktion "Licht an - aber richtig". Nutzen Sie die fünf Minuten, um Glühbirnen durch Energiesparlampen zu ersetzen, zu Ökostrom zu wechseln und die Kanzlerin zu mehr Mut beim Klimaschutz aufzufordern. Alle Infos zur Aktion "Licht an!" gibt es unter "Mehr zum Thema" sowie den externen Links in der rechten Spalte

Gerd Hinüber, Oberingenieur am Institut für Elektrische Anlagen und Energiewirtschaft der RWTH Aachen, erklärt, wo etwa die Schmerzgrenze liegt: "3.000 Megawatt kann das Netz an Schwankungen binnen Sekunden verkraften - wird es mehr, droht ein Zusammenbruch." Kraftwerkskapazität in dieser Größenordnung können die Energievorsorger schnell zu- oder abschalten. Im Normalbetrieb reicht diese Sicherheitsmarge völlig aus, obwohl sie gerade vier Prozent der maximal in Deutschland bestehenden Stromnachfrage beträgt. Sollten jedoch am Samstag abend um punkt 20 Uhr zehn Millionen Haushalte in den teilnehmenden Ländern Deutschland, Österreich und Schweiz jeweils 300 Watt vom Netz nehmen, wäre die verträgliche Grenze schon erreicht. Von "ernsten Gefahren für das europäische Stromnetz" ist bereits beim Stromkonzern RWE die Rede, für den Fall, dass die Aktion auf große Resonanz stößt.

Entscheidend für Aufrechterhaltung der Stromversorgung wird am Samstagabend nicht nur die Frage sein, wie viele Menschen mitmachen, sondern auch, wie pünktlich sie reagieren. Sollten tatsächlich alle Aktionsteilnehmer mit dem Gong der Tagesschau alle Stromverbraucher abschalten, beeinträchtigt das die Stabilität des Netzes stärker als wenn eine Reihe von Nachzüglern noch eine Minute später aufspringt.

Initiatoren der Abschaltaktion sind die Umweltschutz-Organisationen Greenpeace, BUND und WWF; unterstützt werden sie von der Bild-Zeitung, dem Fernsehsender Pro7 und der Internetfirma Google. Sie alle zusammen haben zum morgigen Weltklimatag die Bürger dazu aufgerufen, zwischen 20 Uhr und 20.05 Uhr das Licht auszuschalten. Und die Liste der Unterstützer ist lang. Es sollen auch das Brandenburger Tor, der Kölner Dom und das Schloss Neuschwanstein kurzzeitig im Dunkeln stehen. Selbst Großunternehmen wie BMW und Porsche, die man spontan nicht unbedingt mit Klimaschutz in Verbindung bringt, haben für die Aktion bereits ihre Teilnahme zugesagt.

Anspannung herrscht nun bei den Stromkonzernen, die sich bereits auf den Samstagabend vorbereiten und ihre Planungen untereinander abstimmen, um die verfügbaren Regelkapazitäten zu optimieren. Die Netzbetreiber träfen "derzeit alle Vorsorgemaßnahmen, um das Gleichgewicht aufrechtzuerhalten", erklärt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW).

Gleichwohl bleibt ein Risiko, weil niemand abschätzen kann, was am Samstag tatsächlich bevor steht: "Bei früheren Aktionen dieser Art gab es nie signifikante Auswirkungen auf das Netz", sagte gestern ein EnBW-Sprecher, "aber bei der aktuellen Medienresonanz kann das diesmal anders sein."

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.