Kolumne Rote Erde: Gefühlte Gefahrenlage

Nach ein paar Tagen Südafrika lässt sich sagen, dass weder mir noch irgendeinem Kollegen aus Deutschland etwas passiert ist. Inzwischen wagt man sich auch mal alleine mit dem Auto raus.

Sicherheit ist subjektiv. Viele Touristen und Medienmenschen fühlten sich bei der Einreise nach Südafrika furchtbar gefährdet. Das war verständlich, denn was hatten sie nicht alles gelesen: 18.000 Morde im Jahr, ungezählte Vergewaltigungen, verwahrloste und brandgefährliche Stadtzentren. Hochsicherheitswohnbezirke, verängstigte Burenfarmer, Aids und und und. Die mediale Beschallung blieb nicht ohne Wirkung: Man war verunsichert. Und wer verunsichert ist, sucht nach Bestätigungen für sein Fracksausen, nach Meldungen über Gefahrenherde, die zu meiden sind.

Man muss sich nicht erst großartig auf die Suche machen, der Computer sagt einem schon, dass man am besten keinen Fuß vor die Tür setzen sollte. Fast täglich trudelt mindestens eine Tickermeldung ein, von der man das kalte Grausen bekommt. In Magaliesberg wurden Spanier und Portugiesen überfallen, im Zentrum von Johannesburg Chinesen und Südkoreaner. Man hat ihnen jeweils eine Knarre vor die Nase gehalten, in einem Fall war es sogar eine Kalaschnikow, die gute alte AK-47. Fotografen berichten gehäuft davon, beraubt worden zu sein. Am Flughafen wurden Koffer gestohlen. Unsere tägliche Horrormeldung gib uns heute, scheint das Motto der Kriminalitätswächter von den Nachrichtenagenturen zu sein. Drama muss halt sein.

Doch nach ein paar Tagen Südafrika lässt sich - rein subjektiv - sagen, dass weder mir noch irgendeinem Kollegen aus Deutschland etwas passiert ist. Hoppla, einen Deutschen soll es doch erwischt haben in Johannesburg, an einer Tankstelle nach dem Eröffnungsspiel. Meldet eine Agentur. Trotzdem werden die Kollegen inklusive der taz-Reporter jetzt lockerer. Hockten in den ersten Tagen noch die meisten zu viert im Auto, um potenziellen Angreifern in Mannschaftsstärke entgegenzutreten, so wagt man sich jetzt schon mal allein mit dem Auto auf die Straße, und das sogar nachts. Die deutsche Botschaft rät zwar nach wie vor zur Vorsicht, doch sie verkündet auch, dass in den vergangenen Jahren kein deutscher Tourist ums Leben gekommen ist.

Auch die große Gefahr, die an Ampeln und Kreuzungen zu lauern schien, ist, das weiß man jetzt, übertrieben. Da stehen Händler mit Fähnchen oder Überziehern für den Seitenspiegel. Manchmal klopfen Bettler an die Scheibe, Schwarze und Weiße. Mehr ist da nicht. Gefährlich ist es freilich auf dem Bürgersteig. Dort kollidiere ich regelmäßig mit Passanten, denn sie wurden im Gegensatz zu mir mit dem Linksverkehr groß. So unheimlich kann dieses Land sein. Rein subjektiv.

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