Kommentar Regionalwahlen Italien: Berlusconis Strategie greift nicht mehr

Italiens Ministerpräsident droht die Kommunalwahlen in Mailand an den Linken Giuliano Pisapia zu verlieren. Das zeigt, dass sich Wähler über eine klare Alternative freuen.

Schon oft wurde Silvio Berlusconi politisch totgesagt - und schon oft erlebte er wieder seine Auferstehung, egal ob ihm Staatsanwälte mit Korruptionsprozessen zu Leibe rückten, ob er 1996 und dann wieder 2006 die Parlamentswahlen gegen Romano Prodi verlor, ob die Presse ihm mit peinlichen Enthüllungen über sein Nachtleben mit Mädchen zusetzte, die dann zur Belohnung politische Ämter erhielten.

Berlusconis mehrfache Wiederauferstehungserlebnisse verdankten sich einer einfachen Tatsache: Seine Kernwählerschaft hielt ihm unerschütterlich die Treue, obwohl - oder gerade weil - ihr Guru ein Sündenregister vorzuweisen hatte, das in anderen Demokratien das definitive Karriere-Aus verbürgt hätte.

Umso schockierender ist das Mailänder Wahlergebnis für Silvio: Es scheint, als habe er den Bogen endgültig überspannt, es scheint auch, als greife seine alte Polarisierungsstrategie nicht mehr, als gelinge es nun auch nicht mehr, die eigenen Wähler wenigstens mit dem Schreckgespenst der "Kommunisten" zu mobilisieren. Mailand: Das ist nicht irgendeine Stadt für die Berlusconi-Rechte und die ihr verbündete Lega Nord. Es ist ihre - bis zum letzten Wochenende als für die Linke uneinnehmbar geltende - Hochburg, in der Berlusconi und seine Truppen alles kontrollieren.

MICHAEL BRAUN ist Italien-Korrespondent der taz.

Und ausgerechnet ein stramm linker Kandidat, der Rechtsanwalt Giuliano Pisapia, droht nun Berlusconi Mailand zu entreißen. Es ist eine Lektion auch für die verzagte Linke, die jahrelang glaubte, bloß mit "gemäßigt" grauen Kandidaten habe sie eine Chance gegen den rechten Stehaufmann.

Die Wählerschaft, so zeigt sich jetzt erneut, freut sich über eine klare Alternative - über politisches Personal, das nicht konservative Befindlichkeiten von links bedient, sondern das lieber eigenständig linke Politik vorantreibt. In Mailand stehen die Chancen gut, dass dieser Weg in der Stichwahl zum Erfolg führt. Und Pisapia könnte in Italiens Geschichtsbücher eingehen: als der Mann, der Berlusconis Sturz in die Wege geleitet hat.

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