Kommentar Kaukasuskrieg: Der neue Ost-West-Konflikt

Russlands Verhalten im Krieg mit Georgien zeigt deutlich: Der Kreml riskiert viel, um seine Einflusssphäre in Abgrenzung zum Westen abzusichern.

Geschwelt hat der Konflikt in Georgien schon lange. Man kann nur spekulieren, warum er gerade zu diesem Zeitpunkt ausgebrochen ist. Fest steht aber eins: In Georgien kristallisiert sich ein neuer Ost-West-Konflikt heraus, der schon im Kosovo sichtbar geworden ist.

Seit seinem rhetorischen Ausbruch auf der Sicherheitskonferenz in München vor jetzt nun schon eineinhalb Jahren hat Wladimir Putin die Spannungen zwischen Russland und dem westlichen Bündnis offengelegt. Russland will nach der EU- und Nato-Osterweiterung nicht weiter militärisch und politisch ins Hintertreffen geraten.

In Georgien wie im Kosovo geht es nur vordergründig um Prinzipien und ums Völkerrecht. Im Kaukasus verteidigt der Westen das Prinzip der territorialen Integrität eines unabhängigen Staates und Russland umgekehrt das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Es scheint, als ginge es in beiden Fällen in Wahrheit um Machtpolitik alter Schule.

Im Kosovo verwehrte der Ring der Nato-Staaten um Serbien herum den Einsatz russischer Truppen auf der serbischen Seite. Im Gegensatz dazu ist Russland im Kaukasus nach wie vor militärisch präsent.

Und weil Georgien zum wichtigen Durchgangsland für die von Russland unabhängige Ölpipeline vom Kaspischen Meer in die Türkei wird, deren Trasse nur wenige Kilometer an der Südgrenze Südossetiens vorbeiführt, lässt der Kreml schon mal seine Muskeln spielen.

Die neue Aufmerksamkeit der USA Georgien gegenüber ist nicht der Schönheit des Landes geschuldet. Die Ausbildung georgischen Militärs nach Nato-Standards, die Lieferung von Waffen und der Aufruf des georgischen Präsidenten an die USA, jetzt zum Bündnispartner zu stehen, machen den Gegensatz der beiden Mächte in der Region überdeutlich. Im Kaukasus geht es auch ums Öl. Und das verheißt nichts Gutes für die dort lebenden Bevölkerungen.

Noch bestehen gemeinsame und übergeordnete wirtschaftliche Interessen zwischen Russland und dem Westen. Beide Seiten haben ähnliche Positionen zu Afghanistan und dem Iran. Doch Russland riskiert jetzt viel, um seine Einflusssphäre abzusichern.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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