Kommentar Eufor-Truppen in Bosnien-Herzegowina: Einigkeit macht stark

Hätte Putin der Verlängerung des Eufor-Mandates nicht zugestimmt, wäre Bosnien wieder in Gefahr gewesen, zum Kriegsschauplatz zu werden. Der Westen muss eine klare Haltung beweisen.

Gestern herrschte schon ein bisschen Erleichterung in Sarajevo. Denn mit der einstimmigen Entscheidung des Weltsicherheitsrates, die Eufor-Truppen in Bosnien und Herzegowina zu belassen und ihr Mandat zu verlängern, ist erst einmal das Schlimmste verhindert worden. Hätte Putin jetzt auch in Bosnien das Feld der unverhohlenen Konfrontation eröffnet, wäre nicht nur der Ost-West-Konflikt angeheizt worden. Bosnien wäre wieder in Gefahr, zum Kriegsschauplatz zu werden. Dabei will niemand einen neuen Krieg in Sarajevo; alle Bevölkerungsgruppen haben Angst davor, man ist all der Spannungen müde geworden. Trotzdem redet jeder von der Möglichkeit bewaffneter Auseinandersetzungen. Das Versprechen der internationalen Militärs, jederzeit die nur noch 2.500 Mann zählende Truppe zu verstärken, beruhigt da etwas.

Doch die über Jahrhunderte aus Muslimen, Orthodoxen, Katholiken, Juden und anderen Bevölkerungsgruppen geformte bosnische Bevölkerung weiß auch, dass in der Geschichte die Spannungen zwischen den Weltmächten, einst zwischen den Osmanen und Habsburg, zwischen den Achsenmächten und den Alliierten im Ersten und Zweiten Weltkrieg, in der Region auf bosnischem Boden ausgetragen wurden.

Auch die Kriege der 90er-Jahre gingen nicht von Bosnien aus, sondern hatten ihren Ursprung im Zerfall Jugoslawiens und den serbischen Ambitionen, die anderen Bevölkerungsgruppen Bosniens und Herzegowinas zu vertreiben und den eroberten Teil zu annektieren. Die ethnischen Säuberungen konnten nur geschehen, weil Europa uneins und der Westen insgesamt in seiner Position gespalten war. Der Friedensschluss von Dayton ist auch deshalb nur ein instabiler Kompromiss, der einen schwachen Gesamtstaat mit zwei ethnisch definierten Teilstaaten geschaffen hat.

Im Kosovokonflikt prallen erneut die Interessen der Mächte des Ostens und des Westens aufeinander - und strahlen jetzt auf Bosnien aus. Wenn der Ministerpräsident des Teilstaates Republika Srpska, Milorad Dodik, damit droht, diesen serbisch dominierten Teilstaat aus Bosnien zu lösen, handelt er nicht isoliert. Das kann er nur mit der Rückendeckung aus Belgrad und Moskau tun. Und das muss den Westen herausfordern. Bosnien könnte wieder Spielball der Mächte werden. Um dem zuvorzukommen, hat der ehemalige US-Unterhändler Richard Holbrooke die Verstärkung der internationalen Truppen im Kosovo und auch in Bosnien gefordert. Eine klare Haltung des Westens ist der beste Garant dafür, dass sich die Kriege der 90er-Jahre nicht wiederholen. Zudem muss endlich daran gearbeitet werden, Bosnien zu einem stabilen Staat zu machen.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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