Kommentar Pro Pendlerpauschale: Entlastung für Arbeitnehmer

Die Fahrt zur Arbeit ist kein Privatvergnügen. Folglich müssen die Kosten dafür auch von der Steuer absetzbar sein.

Wie richtig die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes ist, die Pendlerpauschale zu erhalten, zeigt ein Beispiel aus dem Leben: Seit November ist klar, dass die Telekom mehr als 30 Callcenter schließt; betroffene ArbeitnehmerInnen müssen in andere Telefonzentren pendeln - oder für sich und ihre Familien einen neuen Lebensmittelpunkt suchen. So bleibt etwa das Augsburger Callcenter bestehen, das in Ulm und München wird geschlossen; Bielefeld wird erhalten, Detmold und Osnabrück machen dicht; Frankfurt (Oder) bleibt, Berlin nicht.

Die große Koalition, allen voran der knausernde Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), hatte mit der prinzipiellen Abschaffung der Pendlerpauschale unterstellt: Wege zur Arbeit sind reines Privatvergnügen, die Kosten dafür sollten nicht von der Steuer absetzbar sein. Diesen Unfug - niemand fährt aus Spaß zur Arbeit - hat das Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen. Für Millionen Pendler ist das ein gutes Urteil, sie können mit Steuernachzahlungen von 2,5 Milliarden Euro jährlich rechnen - ein kleines Konjunkturprogramm.

Arbeitnehmern wird eine immer größere Mobilität abverlangt. Dass der Staat dies steuerpolitisch unterstützt, ist nicht nur familienpolitisch sinnvoll, sondern auch volkswirtschaftlich. Denn die zusätzliche Mobilität führt zu mehr Flexibilität - Unternehmen und ihre Beschäftigten können schneller auf Marktänderungen reagieren, was die Grundlage für Erfolg und damit auch Steuereinnahmen schafft. Auch regionalpolitisch ist das sinnvoll: Abgelegene Regionen, zum Beispiel in Ostdeutschland oder im ehemaligen Grenzgebiet, sind ökonomisch nur lebensfähig, wenn ihre Bewohner in weiter entfernte Gebiete pendeln.

Eines stimmt aber auch: Die Pendlerpauschale fördert die Zersiedelung der Landschaft, wenn Familien ins vermeintlich grüne Umland der Städte abwandern. Dieser Wahnsinn, der überflüssigen Verkehr erzeugt, kann mit vielen anderen Maßnahmen bekämpft werden: indem lebenswerte Innenstädte geschaffen werden oder auf neue Straßen verzichtet wird - vor allem aber durch restriktive Vorgaben an Gemeinden, nicht überall neues Bauland auszuweisen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Geboren 1969 in Ost-Berlin. Studium an der FU Berlin. Bei der taz seit 1999, zunächst im Berliner Lokalteil. Schwerpunkte sind Verkehrs- und Unternehmenspolitik.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.