Kommentar Kapitalertragssteuer: Es lacht der Kapitalist

Der Anteil der Kapitalbesitzer an den Gesamtsteuern geht kontinuierlich zurück. Millionäre zahlen weniger als Angestellte. Und dieser Befund ist konjunkturunabhängig.

Wer zahlt die meisten Steuern in Deutschland? Es sind jedenfalls nicht die "Kapitalisten", die ihr Einkommen aus Zinsen, Dividenden und Firmeneigentum beziehen. Ihr Anteil an den Gesamtsteuern geht kontinuierlich zurück, während die Normalbürger immer stärker herangezogen werden. Dieser Befund ist konjunkturunabhängig. In der Krise wie im Boom - die Last des Staates tragen nicht die reichen Schichten. Ihr Beitrag ist bescheiden.

Ob Rot-Grün, Schwarz-Rot oder Schwarz-Gelb: Alle Regierungen haben sich bemüht, die oberen Einkommensschichten zu entlasten. Jetzt entbrennt einmal mehr eine Diskussion um die Abgeltungsteuer, die Anfang 2009 eingeführt wurde und Kapitalerträge pauschal nur noch mit 25 Prozent besteuert - während normale Arbeitnehmer schnell einen Grenzsteuersatz von 30 Prozent erreichen. Es ist grotesk: Millionäre zahlen weniger Steuern als Angestellte. Und dieses Phänomen zeigt sich nicht nur bei der Kapitalertragsteuer. Ganz generell gilt, dass die Arbeitnehmer überproportional zu den gesamten Lohn- und Einkommensteuern beitragen.

Fatal ist auch ein zweiter Trend: Die Einkommensteuern werden zurückgedrängt. Stattdessen steigen die indirekten Steuern - ob Tabak- oder Mehrwertsteuer. Diese Verbrauchssteuern werden jedoch von allen gezahlt, von den Reichen wie den Armen, und alle zahlen den gleichen Satz.

Besonders ärgerlich: Die Regierung macht sich nicht die Mühe, ihre Steuergeschenke zu quantifizieren. So kann das Bundesfinanzministerium nicht sagen, wie hoch die Entlastung durch die Abgeltungsteuer tatsächlich war. Für die Vermögenden ist dies erfreulich: Sie können nun behaupten, sie hätten gar kein Steuergeschenk erhalten.

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Der Kapitalismus fasziniert Ulrike schon seit der Schulzeit, als sie kurz vor dem Abitur in Gemeinschaftskunde mit dem Streit zwischen Angebots- und Nachfragetheorie konfrontiert wurde. Der weitere Weg wirkt nur von außen zufällig: Zunächst machte Ulrike eine Banklehre, absolvierte dann die Henri-Nannen-Schule für Journalismus, um anschließend an der FU Berlin Geschichte und Philosophie zu studieren. Sie war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Körber-Stiftung in Hamburg und Pressesprecherin der Hamburger Gleichstellungssenatorin Krista Sager (Grüne). Seit 2000 ist sie bei der taz und schreibt nebenher Bücher. Ihr neuester Bestseller heißt: "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden". Von ihr stammen auch die Bestseller „Hurra, wir dürfen zahlen. Der Selbstbetrug der Mittelschicht“ (Piper 2012), „Der Sieg des Kapitals. Wie der Reichtum in die Welt kam: Die Geschichte von Wachstum, Geld und Krisen“ (Piper 2015), "Kein Kapitalismus ist auch keine Lösung. Die Krise der heutigen Ökonomie - oder was wir von Smith, Marx und Keynes lernen können" (Piper 2018) sowie "Deutschland, ein Wirtschaftsmärchen. Warum es kein Wunder ist, dass wir reich geworden sind" (Piper 2022).

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